Mein Essen in Odessa ist dieses Jahr ausgefallen. Zu den meisten meiner Reisen, die ich im letzten Jahrzehnt in die Stadt unternommen habe, gehörte ein gemeinsames Mahl mit Boris und Jurij im Heim meiner Freunde Alexandra und Witalij, und fast immer kam dabei Alexandras köstlicher Auberginenkaviar auf den Tisch. Die Männer – Odessiter Juden – machten Witze, gaben allerlei Geschichten und Erinnerungen zum Besten und sinnierten über das Verschwinden der Stadt ihrer Jugend. Ab und zu hielten sie inne, um mir die Feinheiten einer Odessiter Redewendung zu erläutern. Jurij erzählte von dem jüngsten Projekt seines kleinen Verlags, ein Buch über die Architektur Odessas. Boris, ein pensionierter Ingenieur und Photograph, zeigte neue Bilder. Das Photographieren von Straßenansichten hatte er aufgegeben, weil die überhandnehmende Werbung und die vor den Fassaden parkenden Geländelimousinen es ihm verleidet hatten. Aber die Gesichter der Odessiter sprachen ihn weiterhin an. Mit Witalij und Jurij verband ihn eine besondere Zuneigung, und genüsslich beschrieb er mir ihre Physiognomien. Gelegentlich kam das Gespräch auf die ukrainische Politik. Alexandra – eine Rechtsanwältin und Odessitin in der fünften Generation, polnischer, deutscher, russischer und ukrainischer Abstammung – erstickte solche Diskussionen im Keim, wohl wissend, dass es unmöglich war, Boris’ kommunistische Anschauungen mit der Unterstützung der anderen für einen europäischen Weg der Ukraine zu versöhnen.
Dieses Jahr sind wir nicht zusammengekommen, weil Boris seine Verbindung zu Alexandra und Witalij abgebrochen hatte, als er erfuhr, dass sie am 2. März 2014 an einer Demonstration von mehreren Tausend Bewohnern Odessas gegen die russische Intervention auf der Krim teilgenommen hatten. Er sei durchaus ein ukrainischer Patriot, schrieb Boris an Witalij, aber die Regierung des Landes sei seiner Ansicht nach von Faschisten übernommen worden, Nachkommen jener Leute, die während des Holocaust seine Verwandten in der Westukraine ermordet hatten. Aus diesem Grund sollten sich die östlichen und südlichen Verwaltungsbezirke so schnell wie möglich von der Ukraine abspalten. Für Alexandra, Witalij und Jurij war es dagegen Putins Russland, das eine faschistische Bedrohung darstellte. Empört über die Bestrebungen, im Süden und Osten der Ukraine Separatismus zu schüren, und beunruhigt über die Lügenmärchen und die aufwieglerische Sprache der russischen Medien, hatten Alexandra und Witalij in der ganzen Stadt Plakate gegen Putin geklebt. Unterdessen nahm die Furcht, Odessa könnte ein Teil Russlands werden, den sonst so jovialen und lockeren Jurij derart mit, dass er rapide an Gewicht verlor und die Ukraine mit solch wilder Inbrunst verteidigte, dass sich sein langjähriger Freund Witalij die Augen rieb. “Sie”, so erklärte Jurij, womit er seine nicht näher bezeichneten Gegner meinte, “halten mich für einen Faschisten. Ich glaube, die Faschisten sind sie. Es ist zum Verrücktwerden.” Alexandra und Witalij waren ernsthaft besorgt, dass ihr Freund wirklich den Verstand verlieren könnte.
Nach dem Eindruck meiner Freunde waren vor dem Sturz von Präsident Wiktor Janukowytsch am 22. Februar 2014 die meisten ihrer Mitbürger in Odessa im Hinblick auf die Ereignisse auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, weitgehend unbeteiligt geblieben, auch wenn sie vielleicht besorgt waren. Gewiss, am 22. November des Vorjahres, einen Tag nach der ersten Versammlung der Kiewer Aktivisten, hatten sich Odessiter Euromaidan-Demonstranten am Puschkin-Denkmal vor dem Rathaus zusammengefunden.1 Von dort aus waren sie zum Denkmal des Herzogs von Richelieu gezogen, das über der berühmten Potemkinschen Treppe thront.2 Am 25. November, wenige Tage vor den ersten Angriffen auf Teilnehmer des Kiewer Euromaidan, wurde drei Odessiter Aktivisten die zweifelhafte Ehre einer Verhaftung durch die Miliz zuteil, wobei einer von ihnen geschlagen wurde.3 Eine von bekannten Kabarettisten der Stadt produzierte Odessiter Euromaidan-Hymne (in der auch das Richelieu-Denkmal vorkommt) fand in den sozialen Netzwerken weite Verbreitung.4 Ebenso viel Aufmerksamkeit erregte eine Demonstration unter dem Motto “Marsch der Westler”, auf der Poster historischer Westeuropäer getragen wurden, die sich um den Aufbau Odessas verdient gemacht hatten.5 Das dabei verwendete Wort für Westler, zapadentsy – ein abwertender sowjetrussischer Ausdruck für Westukrainer, der ihnen radikalen Nationalismus unterstellt – , erhielt dadurch einen neuen, positiven Wert. Die Aneignung des Wortes durch die Bewohner Odessas hatte eine doppelte Bedeutung, betonte sie doch ebenso die historischen Verbindungen der Stadt zu Westeuropa wie die mit den Westukrainern geteilte Hoffnung vieler ihrer Bürger auf eine gemeinsame europäische Zukunft. Ende Januar 2014 begannen die pro-russischen Gruppen Molodjoschnoje jedinstwo (Jugendliche Einheit) und Narodnoje alternatiwa (Volksalternative), eine Anti-Maidan-Bewegung und Selbstverteidigungseinheiten (Druschiny) zu organisieren – mit dem ausdrücklichen Ziel, Faschisten zu bekämpfen.6
Der Odessiter Kulturwissenschaftler Mark Naidorf hält drei Gründe für ausschlaggebend, warum aus der Kiewer Krise eine wahrhaft nationale wurde: die Flucht Janukowytschs, die Ernennung einer Übergangsregierung und die russische Intervention auf der Krim Ende Februar 2014.7 Wie andere ukrainische Bürger im ganzen Süden und Osten des Landes waren die Bewohner Odessas plötzlich gezwungen, sich mit existentiellen und politischen Fragen auseinanderzusetzen, wie “Wer bin ich?” und “In welchem Staat werde ich sicher sein?”. Ängste, ausgelöst durch die Vorstellung, unter der einen oder der anderen Regierung leben zu müssen, trieben Tausende von sonst unpolitischen Bürgern auf Demonstrationen und sorgten dafür, dass sich nationale Identitäten herauskristallisierten. Kommentatoren rangen um Begriffe zur Charakterisierung der beiden Lager: “pro-ukrainisch” versus “pro-russisch”, “Euromaidan” (oder einfach “Maidan”) versus “Anti-Maidan” und, weniger verbreitet, “Unitaristen” (Befürworter der bestehenden zentralistischen Ordnung) versus “Föderalisten”. Solche Etiketten bildeten die sich rasch ändernden Motive und Ziele der jeweiligen Unterstützer nur zum Teil ab. Die Bewegungen bestanden aus sich ständig wandelnden Ansammlungen von Selbstverteidigungsbrigaden, Parteiaktivisten, Politikern, Seitenauftritten in sozialen Netzwerken, Aufrufen in Internet-, Druck- und TV-Medien und mehr oder weniger formalen Bürgergruppierungen, jede mit ihrem eigenen Slogan: “Odessa gehört zur Ukraine”, “Kein Krieg in der Ukraine”, “Hände weg von der Ukraine” auf der einen Seite; “Putin rette uns!”, “Russland hilf!”, “Odessa ist eine russische (russkij) Stadt” auf der anderen. Die Aktivisten des Euromaidan errichteten Kontrollpunkte, um Separatistenaufmärsche zu verhindern und um die Schwäche des in Auflösung begriffenen Staatsapparats zu kompensieren. Der Anti-Maidan baute eine Zeltstadt auf dem Kulikowo-Platz vor dem Gewerkschaftsgebäude. Die politischen Forderungen der beiden Lager wandelten sich zusammen mit der politischen Situation. Während der März und der April ins Land gingen, verdichtete sich der Eindruck, dass die Radikalen in beiden Bewegungen die Oberhand gewonnen hatten.
Am 2. Mai 2014 schlugen die Spannungen in blutige Gewalt um. 48 Menschen, die meisten von ihnen Unterstützer des Anti-Maidan, kamen ums Leben und Hunderte weitere wurden verletzt. Die Gewalt brach aus, als Aktivisten des Kulikowo-Platzes ins Stadtzentrum zogen, um einen Marsch zu blockieren, den Charkiwer und Odessiter Fußballfans zur Unterstützung der ukrainischen Einheit organisiert hatten. Die Anti-Maidan- Aktivisten glaubten, dass die Fußballfans ihr Zeltlager einreißen wollten, nachdem der Gouverneur seine Absicht zur Räumung des Platzes bekannt gegeben hatte (obwohl er weder spezifiziert hatte, wann die Aktion durchgeführt werden sollte, noch von wem). Das Aufeinandertreffen der beiden Gruppen schlug rasch in Gewalt um. In der ersten Stunde bewarfen sich beide Seiten mit Rauchgranaten und Pflastersteinen. Dann eröffneten frisch eingetroffene Aktivisten vom Kulikowo-Platz, abgeschirmt von der Polizei, das Feuer auf die Euromaidan-Unterstützer. Dabei kam es zu einem ersten Todesopfer. Als sich die Zusammenstöße fortsetzten und weitere Tote und Schwerverletzte zu beklagen waren, riefen die Fußballfans und einige Euromaidan-Aktivisten zur Räumung des Kulikowo- Platzes auf. Vor deren Eintreffen forderten Anti-Maidan-Aktivisten ihre Leute auf, im Gewerkschaftsgebäude Zuflucht zu suchen – ein Aufruf, dem ein paar hundert Menschen folgten. Als die Euromaidan-Aktivisten den Kulikowo-Platz erreicht hatten, zündeten sie die Zelte an. Weitere Schüsse fielen. Molotow-Cocktails wurden aus dem Gebäude geworfen und flogen in umgekehrter Richtung. Es geriet in Brand. Die Feuerwehr traf erst mit großer Verspätung mit Löschfahrzeugen ein. Die meisten Opfer dieses Tages kamen in den Flammen um. Der Schock, den die Bewohner Odessas davontrugen, lässt sich kaum ermessen.
Eine englische Zusammenfassung ihrer Arbeit findet sich hier: http://khpg.org.ua/en/index.php?id=1407453894; ein ausführlicher Bericht auf Russisch ist auf dem
Blog der Gruppe nachzulesen: http://2maygroup.blogspot.ca/2014/08/2_8.html.
Weitere Darstellungen: “Gruppe des 2. Mai. Detaillierte Chronologie der Ereignisse
im Stadtzentrum”, 26. Juni 2014, http://dumskaya.net/news/_7377-037031/;
“Mythen des Kulikowo-Platzes, Teil 1”, 1. Juli 2014; http://dumskaya.net/news/
tajny-kulikova-polya-pod-ohranoj-drakona-pravosu-037164/, sowie “Gruppe
des 2. Mai. Mythen des Kulikowo-Platzes, Teil 2”, 9. Juli 2014, http://dumskaya.
net/article/mify-kulikova-polya-chast-vtoraya/.
Eine Darstellung dessen, was einen Monat nach den Ereignissen bekannt war,
bietet folgende, die Ziele des Kulikowo-Platzes unterstützende Nachrichtenseite:
http://timer.od.ua/statji/mesyats_spustya_posle_tragedii_chto_mi_znaem_i_chego_
ne_znaem_o_mayskoy_boyne_964.html.
Ende Mai kehrte ich erstmals seit dem Sturz Janukowytschs nach Odessa zurück. Als ich die tiefe Spaltung in der Stadt aus nächster Nähe erlebte, fiel mir Isaak Babel ein, jener schwer einzuordnende sowjetisch-jüdische Schriftsteller, der einer der großen Mythenschöpfer Odessas war. Es waren nicht Babels gerissene und witzige jüdische Kriminelle, an die ich denken musste, sondern ich erinnerte mich an die berühmte Bemerkung in seinem Text “Odessa”, dass die Einwohner dieses Schwarzmeerhafens gerne von “zwei großen Unterschieden” sprachen.9 Auf “Odessisch” sagt man etwa: “Kiew und Odessa sind zwei große Unterschiede”, statt wie üblich: “Es besteht ein großer Unterschied zwischen Kiew und Odessa.” Für die Literaturwissenschaftlerin Rebecca Stanton schlägt sich in dieser Wendung die grundlegende Wahrheit nieder, dass “es zwei braucht, um sich zu unterscheiden”.10 Darüber hinaus bringe der Ausdruck die von modernen Odessiter Autoren wie Babel (und vermutlich anderen Bewohnern der Stadt) bewiesene Fähigkeit auf den Punkt, unversöhnliche Unterschiede zu verkörpern und die Dinge gleichzeitig aus verschiedenen Blickwickeln zu betrachten. Das ist eines der Merkmale des sich ständig erneuernden Odessa-Mythos, demzufolge sich die Einzigartigkeit Odessas (unter anderem) der Geschichte der Stadt als Teil des Russischen Reiches, ihrer gemischten, multiethnischen Bevölkerung, ihrem Handelsethos und Geschäftssinn sowie ihrer ironischen Haltung gegenüber jeglicher herrschenden Macht verdankt.11
In der Wirklichkeit kann es eine vertrackte Angelegenheit sein, unter unversöhnlichen Perspektiven zu leben. Es ist wohl nicht überraschend, dass Odessa-Enthusiasten von einer Rückkehr zum Freihafenstatus träumen. So könnte Odessa als halbsouveräner Stadtstaat fortbestehen, der weder Kiew noch Moskau unterworfen wäre – von denen keines, wie einem die Odessiter sagen werden, jemals wirklich Wohlgefallen an dieser unbotmäßigen, unternehmerischen Stadt fand. Auf diese Weise könnten die Bewohner Odessas das Problem umgehen, wählen zu müssen, zu welchem Staat oder welcher Nation sie gehören wollen. Doch die politische Polarisierung, die zur Gewalt des 2. Mai führte, hat die Bürger mit den Grenzen des Odessa-Mythos konfrontiert. Die Philosophin Oksana Dovgopolova drückt es noch drastischer aus: “Was geschehen ist, hat unseren Mythos zerstört. Wir müssen ein neues Odessa bauen.”12 Wie sich herausgestellt hat, sind Odessiter, anders als sie dachten, nicht immer tolerant, ironisch oder humorvoll. So sehr sie es versuchen mögen, aus der nationalen und internationalen Politik können sie sich nicht heraushalten.
Von der Gewalt des 2. Mai geschockt, schoben einige Bewohner Odessas die Schuld an den Unruhen in der Stadt schnell Auswärtigen in die Schuhe. In ersten Medienberichten über den 2. Mai wurde behauptet, Kämpfer aus Transnistrien und Russland seien für die Eskalation verantwortlich gewesen und im Gewerkschaftsgebäude umgekommen. Andere sprechen den Maidan-Unterstützern ab, echte Odessiter zu sein; entweder handle es sich bei ihnen um Polit-Touristen oder um frisch Zugewanderte, die den Lebensstil Odessas nicht verstünden. Jede Seite hat ihre eigene Version, welche äußeren Akteure die Tragödie angezettelt haben. Boris Khersonskiy, ein bekannter Odessiter Psychiater und Dichter, brachte dies am 7. Mai 2014 in einem Post auf Facebook auf den Punkt: “Diagnose: gespaltene Vergangenheit”. Erläuternd fügte er hinzu:
Ganz gleich, welche Schlussfolgerungen internationale Experten über die Ereignisse vom 2. Mai ziehen mögen, gibt es zwei Versionen, die im Bewusstsein der Menschen bleiben werden:
a) Bandera-Anhänger [d.h. radikale ukrainische Nationalisten] haben in Odessa ein neues Chatyn angerichtet [ein Gebiet in Weißrussland, wo nach einem Massaker der Deutschen an Dorfbewohnern ein sowjetisches Kriegsdenkmal errichtet wurde].
b) Der Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation und der russische Militärgeheimdienst haben eine gewaltige Provokation im Interesse des russischen Imperialismus angezettelt.
Andere Beobachter lehnen es jedoch ab, Außenstehenden die Schuld zu geben. Ein Freund von mir, der in einem Museum arbeitet, erinnerte angesichts dieser Neigung an die zahlreichen Judenpogrome, von denen das erste nur ein Vierteljahrhundert nach Gründung der Stadt 1794 stattfand, und an die 25.000 Juden, die 1941 während der rumänischen Besetzung in einem Lagerhaus am Rand der Stadt verbrannt wurden. Seine Sympathien lagen zwar eher bei der pro-ukrainischen Bewegung, die auf beiden Seiten herrschende Schwarz-Weiß-Malerei von Tätern und Opfern lehnte er jedoch ab. “Odessa”, sagte er in Bezug auf die Maidan-Aktivisten, “das sind Leute, die vor dem Feuer flüchtende Menschen gerettet haben. Und Odessa sind Leute, die auf die Menschen einprügelten, die aus dem brennenden Gebäude gesprungen sind.” Er befürchtete, dass die Schuldigen genau wie in der Vergangenheit ungestraft davonkommen würden. Die Verfolgung der Täter beider Seiten, die Gewalttaten verübten und planten, ist für ihn der wichtigste Schritt, mit dem die Behörden den Frieden sichern könnten. Einige Verantwortliche in höheren Positionen sind zwar ersetzt worden, aber die breite Masse der Beamten des korrupten Staatsapparats ist in ihren Positionen geblieben.
Odessas “zwei große Unterschiede” ziehen sich durch fast alle meine Begegnungen. Doch sobald man sich von der Front entfernt und sich Zeit für Gespräche nimmt, zerfallen die zwei großen Unterschiede in viele weitere kleine. Zahlreiche Anführer der Anti-Maidan-Bewegung in Odessa gaben offen zu, sich eine russische Intervention herbeizusehnen und hinter Putins Projekt eines “Neurusslands” (Noworossija) zu stehen. Sie wollten ein Referendum über eine Abspaltung wie in Luhansk und Donezk abhalten. Allerdings teilten nicht alle Anti-Maidan-Sympathisanten diese Position. Der jüdische Schwiegersohn eines Freundes zum Beispiel, ein Mann in den Dreißigern, nahm an Versammlungen auf dem Kulikowo-Platz teil in der Hoffnung, dass daraus eine neue linke Bewegung hervorgehen würde, die sich auf Probleme der sozialen Gleichheit konzentriert und ethnische Fragen in den Hintergrund drängt. Doch die immer lautere nationalistische russische Rhetorik und der wachsende Einfluss der Russisch-Orthodoxen Kirche ließen seine Unterstützung schwinden. Bei einem ukrainischen Ingenieur in den Fünfzigern, mit dem ich in der Küche eines Freundes ins Gespräch kam, standen andere Probleme im Vordergrund. Er bezweifelte die Legitimität der Regierung und lehnte eine Revolution als Mittel der Machtübernahme ab. Janukowytsch habe recht daran getan, das Abkommen mit der Europäischen Union nicht zu unterzeichnen, weil es negative Auswirkungen auf wichtige Sektoren der ukrainischen Wirtschaft gehabt hätte. Gleichzeitig räumte er ein, sich der Ukraine als Land nicht sonderlich verbunden zu fühlen: “Mein Land ist die Sowjetunion.” Sein Sohn hingegen identifizierte sich stark mit der Ukraine, wollte in die Armee eintreten und im Donbas kämpfen. Ähnlich unterschiedlich sind die Ansichten im Maidan-Lager, wo liberale Meinungen auf die rechtsextreme Ideologie der Swoboda-Partei und des Rechten Sektors treffen. Fasst man es auf Odessiter Art zusammen, so kann es, je nach Standpunkt, zwei große Unterschiede geben – oder viele.
Humor ist in gewöhnlichen Zeiten der bevorzugte Umgang der Bewohner Odessas mit gesellschaftlichen Spannungen. Die Odessiter haben zwar nicht aufgehört, Witze zu erzählen (auch wenn sie Boris Khersonskiy zufolge viel düsterer geworden sind)13, allerdings bestehen in einer Zeit des politischen Konflikts die vorherrschenden Strategien des Umgangs miteinander darin, zu schweigen und einander aus dem Weg zu gehen. Boris brach die Beziehung zu Alexandra und Witalij per E-Mail ab. Fast jeder weiß von einer “Entfreundung” in einem sozialen Netzwerk zu berichten, andere erzählen von fürchterlichen verbalen Auseinandersetzungen. Doch da die politischen Gegner oft Arbeitskollegen oder Familienmitglieder sind, die unter einem Dach wohnen, versuchen viele, politische Gespräche zu vermeiden, um weiter zusammenleben zu können oder die laufenden Geschäfte nicht zu gefährden. An der Tür einer Firma steht: “Dieses Büro befindet sich außerhalb der Politik.” Die moralischen Dilemmas und die Qual, schweigen zu müssen, können jedoch auch zermürben. Ein mit der Anti-Maidan-Bewegung sympathisierender Universitätslehrer erzählte von dem heftigen Unbehagen, das ihn befiel, wenn er Studenten erkannte, die am Gewerkschaftsgebäude, wo der Sohn eines Freundes umgekommen war, Molotow-Cocktails geworfen hatten. Auch lässt sich das Schweigen nicht immer durchhalten. Jurij und sein Mitarbeiter gingen Gesprächen über Politik normalerweise aus dem Weg, aber als ich zu einem Interview mit seiner Freundin in seine Wohnung kam, brach ein heftiger Streit zwischen den beiden Männern aus. Betroffen sah ich zu, wie sie sich Beleidigungen und Anschuldigungen an den Kopf warfen, ihre Körper und Gesichter wutverkrampft.
Einige Bewohner Odessas haben angefangen, Alternativen zu Beschimpfungen und zum Schweigen zu erkunden. Die Politikwissenschaftlerin Inna Tereshchenko, eine professionelle Mediatorin und Gründerin der Mediationsgruppe des Verwaltungsbezirks Odessa, hat mehrere Dialoginitiativen ins Leben gerufen, die darauf zielen, eine Umgebung zu schaffen, in der die gegnerischen Seiten ins Gespräch kommen können. “Wir alle müssen doch in derselben Stadt leben”, sagte sie, ein Refrain, den ich auch von anderen Bewohnern gehört habe. “Der Mythos von Odessa, dass wir alle immer friedlich zusammengelebt haben und uns lieber einigen als streiten, kann bei diesem Prozess helfen.” Die erste Veranstaltung von Innas Initiative, die Vorführung eines Dokumentarfilms über den Kosovo in Anwesenheit des norwegischen Regisseurs, löste bei einigen Aktivisten ein Umdenken und die Bereitschaft aus, eine andere Form des Engagements zu versuchen. Innas Organisation hat mit gemischten Gruppen von Aktivisten Kurse durchgeführt, in denen sie Mediation lernen konnten. Sie förderte auch wöchentliche Gesprächskreise zwischen Mitgliedern gegnerischer Seiten, wobei die Kontrahenten angehalten wurden, die (immer noch) weitverbreitete Verwendung menschenverachtender Ausdrücke zu vermeiden, wie “ukrop”14 oder “maidanuty” (Maidan-Wichser) zur Verunglimpfung von Maidan-Aktivisten oder “colorado” (Kartoffelkäfer)15 und “watniki” (wattierte Jacken) als Schmähungen für Anti-Maidan-Unterstützer. Die Aktivisten einigten sich auf Bezeichnungen zur Benennung von Personen und Ereignissen, die ihre Widersacher nicht sofort beleidigten, und kamen überein, Ortsnamen für die Lager zu benutzen: “Herzog- Leute” für den Maidan, “Kulikowo-Platz-Leute” für den Anti-Maidan. Einige lernten dabei, mit Gegnern ins Gespräch zu kommen, ohne zu versuchen, ihre Ansichten zu ändern. Maidan-Aktivisten erklärten sich bereit, bestimmte Handlungen zu unterlassen, die von ihren Gegnern als Provokation wahrgenommen würden, auch wenn sie später einige dieser Übereinkünfte widerriefen. Eine Expertengruppe aus Dozenten unterschiedlicher politischer Überzeugungen aus verschiedenen Einrichtungen traf sich wöchentlich, um die Lageeinschätzungen von Kollegen zu diskutieren. Einerseits trat Inna für das Fortbestehen der “zwei großen Unterschiede” in einer politischen Atmosphäre ein, in der Opposition zunehmend mit Verrat gleichgesetzt wurde. Andererseits schuf sie eine die Vervielfältigung von Unterschieden fördernde Umgebung, die dazu beitragen konnte, die Polarisierung zu mildern. Sie gab freilich zu, dass ihr heikler Balanceakt mit der Eskalation des Konflikts in Donezk und Luhansk zunehmend schwieriger wurde.
Anna, eine Drehbuchautorin und ehemalige Journalistin, mit der ich am 5. Juni durch Odessa schlenderte, dachte angesichts der akuten Bedrohung für die Sicherheit über die Grenzen des politischen Pluralismus nach. Ich hatte sie einige Monate nach der Orangen Revolution kennengelernt, als ich zu ergründen versuchte, wie es in jener Zeit um das “tolerante Odessa” bestellt war.16
Damals waren die Beziehungen aufs äußerste gespannt, aber Gewalt konnte vermieden werden. Angesichts der aktuellen Lage hatte Anna das Gefühl, dass Odessa zum Frieden zurückkehren könnte und die Spannungen abklingen würden, sofern gezielte Destabilisierungsversuche unterblieben. Um die Stimmung in der Stadt zu sondieren, bediente sie sich ihrer üblichen journalistischen Methode, die Gespräche in ihrem Friseursalon, in öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Odessas Starokonnij-Markt zu belauschen, einem großen Flohmarkt im Bezirk Moldowanka, wo Anna aufgewachsen ist und wo sie auch heute noch lebt. Nach zwei Wochen seien die Diskussionen auf dem Markt über die Ereignisse vom 2. Mai verstummt. Die Leute sprachen nun über die Präsidentschaftswahlen und den bewaffneten Konflikt im Donbas. Viel länger, erzählte sie, wurde hingegen über den Fall eines betrunkenen Fahrers geredet, der im Herbst zuvor einen Marktverkäufer totgefahren hatte und ohne Anklage davongekommen war.
Anna war sich allerdings nicht allzu sicher, dass es keine Versuche geben würde, die Stimmung wieder anzuheizen. Sie hegte keine romantischen Vorstellungen über die berühmte “Toleranz Odessas” und betrachtete die mythologisierte Sicht der Bewohner auf ihre Stadt vielmehr als Ausdruck ihrer Fähigkeit, zu vergessen und das Vergangene hinter sich zu lassen. Sie musste daran denken, dass ihre Urgroßmutter von einem Nachbarn bei der rumänischen Polizei denunziert und mit einer Axt erschlagen worden war. Mit Blick auf die aktuelle Situation fügte sie hinzu: “Als Jüdin ist mir klar, dass es das Wichtigste ist, keine Besatzung zuzulassen.” Sie hatte der Armee Geld gespendet und sagte, sie würde sich freiwillig melden, wenn sie nicht die einzige Ernährerin der Familie wäre und sich nicht um ihre betagten Eltern kümmern müsste. Schließlich hätten ihre Großväter im Ersten Weltkrieg und im Bürgerkrieg gekämpft und ihr Vater und ihr Onkel im Zweiten Weltkrieg. Aus deren Erzählungen war ihr in Erinnerung geblieben, wie wirksam im Odessa der Nachkriegszeit, das mit grassierendem Banditentum zu kämpfen hatte, der Einsatz von Gewalt bei der Wiederherstellung der Ordnung gewesen war, und sie überlegte, welches Maß an Gewalt wohl klug und nötig wäre, um in der gegenwärtigen Lage mit den Separatisten fertigzuwerden. Im Tonfall einer ärztlichen Diagnose sagte sie voraus, dass es in der ukrainischen Gesellschaft zu einer wachsenden Militarisierung und zu einer Steigerung der patriotischen Rhetorik kommen würde. Mit Sorge sah sie, wie wenig die Regierung offenbar tat, um die Bürger darin zu schulen, Vorbereitungen zu Terrorattacken zu erkennen und sich im Fall eines Anschlags richtig zu verhalten.
*
Am 11. Juli erhielt ich die Nachricht, dass ein Freund aus Odessa gestorben war. Er hatte sich erschossen. Ich kannte ihn seit vierzehn Jahren. Er war Journalist und Jugendbetreuer gewesen und hatte mir bei meinen Forschungen über Odessa enorm geholfen. Als ich ihn Mitte Juni traf, hatte er gerade erfahren, dass bei ihm eine tödliche Krankheit diagnostiziert worden war. In seiner offenen Art sagte er mir, dass unser Treffen sehr wahrscheinlich das letzte sein würde. Er hätte weder die Kraft noch den Wunsch gehabt, schrieb mir ein gemeinsamer Freund, gegen die Krankheit anzukämpfen, und die militärischen Konflikte in der Ostukraine und in Israel / Palästina hätten wohl ebenfalls eine Rolle gespielt. Er war Jude und pro-russisch.
Die Aggression, die er bei Unterstützern des Maidan wie des Anti- Maidan erlebte, hatte ihn zutiefst bestürzt. Doch seine Küche hatte bis zuletzt einen Ort geboten, an dem Freunde und Nachbarn mit radikal unterschiedlichen politischen Neigungen am selben Tisch aßen und tranken, ein Usus, den andere in der Stadt schon aufgegeben hatten (obwohl er bei Gelegenheit Diskussionen auch beendete, wenn das Gespräch respektlos zu werden begann). Vielleicht ist das nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass er einen Club für Jugendliche aus verschiedenen Subkulturen wie Neonazis, Tolkienisten, Hacker und anderen betrieb, dessen Ziel es war, marginalisierte junge Menschen zu “sozialisieren”, indem man ihnen einen locker strukturierten Raum für Gespräche bot. Mit einigem Stolz hat er mir erzählt, dass keiner der Neonazis, mit denen er gearbeitet hatte, noch rechtsextremen Ideologien anhing oder sich an der Gewalt in Odessa beteiligt hatte. Er hielt die Spaltung in der Stadt nicht für so eindeutig, wie einige sie hinstellten, hegte gleichzeitig aber keine Zuversicht, was die Erfolgsaussichten von Interventionen betraf, die er oder andere unternehmen mochten. Gemäßigte konnten sich wohl zu Wort melden, doch die Reaktion von Radikalen, sagte er, bestünde darin, zu den Waffen zu greifen. Einen Anhaltspunkt dafür erkannte er in den steigenden Schwarzmarktpreisen für diese Waren.
*
“Lass in deiner Zukunft Raum für deinen Gegner.” Das war eine der Empfehlungen zur Vermeidung weiteren Blutvergießens, die Mark Naidorf der oben erwähnten Expertengruppe ans Herz legte. Kollegen und Freunden aus dem Anti-Maidan-Lager zuzuhören, zügelte auch bei mir einige meiner pro-ukrainischen und Maidan-freundlichen Gefühle und zwang mich zu bedenken, wie Kontrahenten bestimmte Aussagen oder Handlungen wahrnehmen würden. Man sollte meinen, dass ich als Ethnographin nicht eigens daran erinnert werden müsse, doch so war es. Mein Besuch hat mich zum Nachdenken darüber angeregt, wie sich tiefe politische Meinungsverschiedenheiten in Odessa und in der Ukraine zum Ausdruck bringen und austragen lassen, statt sie beiseitezuschieben oder zu brandmarken. “Wenn man Menschen in die Ecke drängt”, so drückte es mein Freund, der im Museum arbeitet, aus, “und ihnen keinen Ausweg lässt, werden sie weggehen oder zur Waffe greifen.”
Die Herausforderung besteht darin, dies während eines Konflikts zu beherzigen, der halb Bürgerkrieg und halb Krieg mit einem mächtigen, aggressiven Nachbarn ist. In dem Maße, wie die Zahl der zivilen und militärischen Opfer gestiegen ist, hat sich die Toleranz für politische Gegner verflüchtigt. Im Juli entfernten Odessiter Maidan-Aktivisten das vor dem Gewerkschaftsgebäude aufgestellte Denkmal für die Opfer des 2. Mai. Einige Male bedrängten patriotische Ansammlungen Menschen mit Sankt-Georgs-Bändern und verlangten von den Ordnungshütern, mit “Separatisten” und “Verrätern” aufzuräumen. Unterdessen benutzten auch Gruppen von Regierungsgegnern die Sprache der Gewalt: In einem Rekrutierungsbüro der Armee wurde eine Bombe gezündet, in zwei Filialen der PrivatBank, die dem pro-ukrainischen Oligarchen Ihor Kolomojskyj gehört, wurde Feuer gelegt. In einer Stellungnahme im Odessa Crisis Media Centre bestätigte Inna die Radikalisierung der regierungsfreundlichen und -feindlichen Gruppen. Als sie die Entfernung des Denkmals verurteilte, wurde sie beschuldigt, eine “Fünfte Kolonne” in Schutz zu nehmen.
Vielleicht ist es naiv, etwas anderes zu erwarten. Aber nicht allen Bewohnern Odessas ist wohl dabei, die vielen Unterschiede auf zwei große zu reduzieren oder aus zwei großen einen einzigen Unterschied zu machen. Inna schafft offene Räume, in deren Schutz sich politische Widersacher miteinander auseinandersetzen können, obwohl sie sich damit selbst zum Gegenstand heftiger Kritik macht. Das tat auf seine Weise auch mein Freund, der sich das Leben genommen hat. Damit hielten beide das Potential wach, das in der Ausdrucksweise von den “zwei großen Unterschieden” steckt, und weigerten sich, auf die übliche russische (oder ukrainische) Version zurückzufallen. Ich frage mich, ob der Selbstmord meines Freundes nicht auch eine Art Verweigerung war, in simplen Gegensätzen zu denken. Jedenfalls hoffe ich, dass die “beiden großen Unterschiede” Odessas als Erinnerung daran dienen mögen, welche Vorteile es hat, innezuhalten (und sei es auch nur kurz), um die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Vielleicht entspringt dieser Erfahrung ja ein Witz oder ein Gelächter, ja vielleicht bahnt sie einer Einigung den Weg, an den Strand statt in den Krieg zu gehen.
Vgl. "Odessas Euromaidan: Romantiker versammelten sich auf dem Dumskaja-
Platz", 22. November 2013; http://dumskaya.net/news/Photorep-s-evromajdana-030918/ (sämtliche Links zuletzt aufgerufen am 10. August 2014).
Vgl. "Odessas Euromaidan: Fliegende Stiefel, fröhliche Polizisten und herzliche
Unterhaltung", 23. November 2013; http://dumskaya.net/news/odesskij-evromajdan-
den-vtoroj-030937/.
Die Polizei beschlagnahmte auch Zelte, während die Organisatoren ihre Sachen
zusammenpackten, nachdem ein Gericht öffentliche Versammlungen bis zum 31.
Dezember untersagt hatte. Vgl. "Organisatoren des Odessaer Euromaidan freigelassen", 25. November 2013; ferner "Gericht untersagt Euromaidan in Odessa
und katholische Weihnachten", 25. November 2013; http://dumskaya.net/news/
organizatorov-odesskogo-evromajdana-osvobodili-030983/.
Vgl. "Odessiter versicherten uns, dass die Stadt von Westlern gegründet wurde",
10. Februar 2014; www.048.ua/article/471309.
Vgl. "Odessiter können sich telefonisch zu Selbstverteidigungsbrigaden melden",
25. Januar 2014; http://timer.od.ua/news/odessiti_mogut_zapisat_sya_v_otryadi_samooboroni_po_telefonu_869.html.
Vgl. Mark Naidorf, "The Sociocultural Dimension of the Postmaidan Crisis, Or,
In Search of Mutual Understanding (2014)"; https://sites.google.com/site/marknaydorftexts/
kulturologiceskij-analiz/postmaidan-crisis.
Der vollständige Mangel an Vertrauen in die Fähigkeit und den Willen der Behörden,
eine gründliche Untersuchung durchzuführen, führte zur Bildung der "Gruppe
des 2. Mai". Sie besteht aus Journalisten aus dem Pro- und dem Anti-Maidan-
Lager sowie einigen Experten.
Vgl. Isaak Babel, "Odessa", in: ders., Erste Hilfe. Sämtliche Erzählungen, Nördlingen 1987, S. 46-54, hier S. 46.
Vgl. Rebecca Stanton, Isaac Babel and the Self-Invention of Odessan Modernism,
Northwestern UP 2012.
Oleg Gubar / Patricia Herlihy, "The Persuasive Power of the Odessa Myth", in:
Cities After the Fall of Communism. Reshaping Cultural Landscapes and European Identity, hg. von John Czaplicka / Nida M. Gelazis / Blair A. Ruble, Johns
Hopkins UP 2009; vgl. auch Jarrod Tanny, City of Rogues and Schnorrers. Russia's
Jews and the Myth of Old Odessa, Indiana UP 2011.
"Ukrop" heisst wörtlich "Dill" und wird von der pro-russischen Seite im Sinne
von "Unkraut" verwendet; der Begriff spielt zugleich auf "Ukraine" an. Inzwischen
haben sich die so Diffamierten das Schimpfwort ironisch angeeignet und
bezeichnen sich selbst als "Ukrop". (Anm. d. Red.)
"Colorado" spielt auf das Sankt-Georgs-Band an, das schwarz-orange gestreifte
Emblem der pro-russischen Aktivisten. (Anm. d. Red.)
Vgl. Tanya Richardson, "Living Cosmopolitanism? 'Tolerance', Religion, and Local Identity in Odessa", in: Chris Hann (Hg.), The Postsocialist Religious Question:
Faith and Power in Central Asia and East-Central Europe, Münster 2006.
Published 15 October 2014
Original in English
Translated by
Simon dos Santos
First published by Transit 45 (2014) (German version); Eurozine (English version)
Contributed by Transit © Tanya Richardson / Transit / Eurozine
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