Vom blauen zum weißen Kragen

In Polen ermöglichten in der Nachkriegszeit sozialistische Reformen erstmals auch Kindern der Arbeiterklasse den Zugang zur Hochschulbildung. Doch oft standen dem sozialen Aufstieg der Trend zur Berufsausbildung und gesellschaftliche Erwartungen im Weg. Was wurde aus den ersten Arbeiterkindern in der akademischen Welt?

‚Eines Tages erschien in einem Dorf mitten in Polen ein Werbeplakat für den „Vorbereitungskurs“, ein beschleunigtes Ausbildungsprogramm für die Universität. Darauf wurde Pokusa – ein Nachname, der „Verlockung“ bedeutet – als der Erste vorgestellt, der sich eingeschrieben hatte: Er wurde angenommen, nachdem er eine Prüfung bestanden hatte. Jetzt ist er einer der besten Studenten! „Man muss es nur wollen“, erklärt er.‘1So warb eine Lokalzeitung 1953 bei den jungen Menschen in ländlichen Gebieten für ein Studium an der Universität von Łódź, einer 1945 in Polens größter Industriestadt gegründeten sozialistischen Musteruniversität. Dem Plakat zufolge erhielt Herr Verlockung ein Stipendium, das Gesundheitsfürsorge, ein Bett im Studentenwohnheim und subventionierten Mahlzeiten umfasste. Nach dem Studium erwartete ihn eine staatlich garantierte Stelle. Doch dafür musste er den Abschluss erst einmal schaffen, denn Arbeiterkinder brachen die Kurse häufiger ab als Akademikerkinder und wurden von Altersgenossen oft als „Pöbel“ verachtet.

Eine Politik für die Benachteiligten

Trotz struktureller Hindernisse und alltäglichem Klassismus in Polen verkörperte Herr Verlockung ein hohes Ziel des Staatssozialismus: Aufstiegsmöglichkeiten, wie es sie nie zuvor gegeben hatte. Im Diskurs über das Bildungswesen unter Stalin wird oft angeprangert, dass die damalige akademische Welt gefangen gehalten wurde und Studenten eher durch Propaganda verführt wurden, als dass sie einen besseren sozioökonomischen Status und Gleichheit im Sinne hatten.2Im Sozialismus nach dem Zweiten Weltkrieg meinte „Demokratisierung“ jedoch eher Gleichberechtigung, als die direkte Volksherrschaft. Die Sozialstruktur der Studierenden sollte die Sozialstruktur der gesamten Gesellschaft widerspiegeln – ein Versuch, nicht nur die Elite, sondern auch das Bildungsbürgertum in der neuen Gesellschaft zu erneuern.

In den Sowjetrepubliken der Nachkriegszeit wurde Bildung „parametrisiert“, d. h. sie sollte mess- und zählbar sein. Die Universitäten waren zur Einhaltung bestimmter Studenten- und Absolventenquoten verpflichtet, die vom Bedarf der Planwirtschaft abhingen. Kurse wurden obligatorisch und im Gegensatz zur sogenannten „aristokratischen Art, zu studieren“ wurde dem Tenor der Fabrikarbeit gefolgt: Das Studium sollte täglich fast acht Stunden in Anspruch nehmen, einen Appell beinhalten und auf Effizienz geprüft werden. Die ersten drei Jahre bereiteten die Studenten auf praktische Aufgaben vor. Ein zusätzlicher zweijähriger Magister vertiefte die Fähigkeiten und Praktika förderten den Kontakt zwischen Studenten und künftigen Arbeitsplätzen. Die Universitäten wurden Teil eines Produktionsprozesses, der Ausbildung qualifizierter Fachkräfte. Das Studium der Geisteswissenschaften sollte künftige Lehrer und Büroangestellte hervorbringen. Die Zensur wurde verschärft, die internationale Zusammenarbeit streng kontrolliert und viele Disziplinen wie die Soziologie als „bürgerlich“ abgestempelt und abgeschafft.

Diese Bildungsreform beeinträchtigte die Autonomie der Hochschulen, doch der Sozialismus eröffnete auch Millionen von Menschen neue Aufstiegsmöglichkeiten. Die polnischen Reformer sahen vor, bis zu 80 % eines jeden Abiturjahrgangs das Studium zu ermöglichen. Einschreiberegularien, Punkte für die Herkunft aus der Arbeiterklasse, Vorbereitungskurse und Lerngruppen sollten die in der Geschichte stets Benachteiligten begünstigen und die Vision einer sozialistischen Universität Wirklichkeit werden lassen.

Die Öffnung des Hochschulsystems

Die Demokratisierung der Universitäten und die Verbindung von Hochschulbildung und Wirtschaft sind zu einem globalen Phänomen geworden. Praktika an künftigen Arbeitsplätzen und Bemühungen, die in der Wirtschaft benötigten Fachkräfte auszubilden, erscheinen heute sogar eher als kapitalistische denn als sozialistische Lösungen. Zwar wird die sozialistische Bildung in der Regel als eine unflexible, staatlich kontrollierte und stark zensierte Institution an, diese Aspekte waren jedoch nicht der Kern des Nachkriegsmodells. Zentrale Planung, staatliche Verwaltung und politische Kontrolle der öffentlichen Einrichtungen waren direkter, strenger und vorbestimmter als im Westen – doch die Ziele der sozialistischen Reform waren ein gleicher Zugang zu Bildung sowie die daraus resultierenden Vorteile für die Allgemeinheit. Aufgrund dieser Werte, dieser Vision einer zukünftigen Gesellschaft und der anvisierten Rolle der Universität in dieser Gesellschaft war das sozialistische Hochschulmodell eine Alternative zum kapitalistischen. Bezeichnend für das sozialistische Universitätsmodell waren politische Reden und diskursive Pressetexte, die sich für einen offeneren Zugang zu den Universitäten einsetzten und ihre Rolle in der breiteren Gesellschaft betonten.

Herr Verlockung nutzte wohl das „Vorbereitungsjahr“, um seine durch den Krieg vertieften Wissenslücken zu schließen. Studienanwärter, die vom Land und/oder aus der Arbeiterklasse kamen, mussten nur sieben Schuljahre absolviert haben. Weitere Gesetze sahen eine bezahlte Freistellung über die Dauer des Studiums vor, um Berufstätige zum Studieren zu bewegen. Außerdem reservierte der Staat einen großen Anteil an Studienplätzen für die Absolventen der Vorbereitungskurse.

Zwischen 1946 und 1958 schrieben sich 22.000 Personen in Łódź und Warschau für ein Studium ein. Davon schlossen allerdings nur 14.850 ihr Studium ab, und weniger als 32 % erwarben ein weiteres Hochschuldiplom. Letztere waren meist Parteiaktivisten, die sich nur aufgrund der Ermutigung der Kommunistischen Partei weitergebildet hatten. Trotz dieser Ergebnisse stellten die Vorbereitungskurse ein radikales und von Grund auf neues Projekt für sozialen Wandel dar. Konservative Teile der akademischen Gemeinschaft und der Behörden betrachteten die Initiative von Anfang an mit großer Skepsis und viele Studenten sahen in den Teilnehmern der Vorbereitungskurse bedrohliche Neulinge, die aufgrund ihrer politischen Verbindungen in die Universität eindringen wollten. Ihre Anwesenheit hatte jedoch kaum Auswirkungen auf das soziale Profil der Studenten im Allgemeinen, da es nur wenige von ihnen gab und sie das Studium häufig abbrachen.

Die enttäuschten Pioniere des Fortschritts

Obwohl die erste Phase des Wiederaufbaus nach dem Krieg erhebliche Fortschritte für die Bildungsentwicklung brachte, zeigen die weiteren biografischen Verläufe der Studienkohorten nur wenig langfristige Veränderung. Die egalitäre Einbeziehung von Schülern unterschiedlicher sozialer Herkunft – ein Indikator für die Demokratisierung der Bildung – erwies sich als nur vorübergehend. Die stärkste Repräsentation wurde in der ersten Hälfte der 1950er Jahre erreicht. In diesem Zeitraum gehörten fast 50% aller Studenten der Arbeiterklasse an. Gleiches galt für die Frauen. Die stalinistische Nachkriegszeit brachte in Polen Bildungsfortschritte für die Arbeiterklasse mit sich, während die Tauwetterperiode eine Rückkehr zu traditionelleren Werten bedeutete, sowohl auf der Geschlechter- als auch der Klassenebene. Die Mechanismen der sozialen Normen konnten wieder frei wirken, ungehindert von staatlichen Reformen.

Universitätsstudenten, Poznań, Polen, 1947. Bild mit freundlicher Genehmigung von Bogdan Celichowski via Fortepan

Die erste Welle an Nachkriegsstudenten profitierte noch von umfangreichen Beschäftigungsmöglichkeiten, bei der zweiten und dritten Welle schrumpften die Optionen bereits. Die staatliche Unterstützung gab ihnen Arbeitsplätze, die weit von ihren Traumjobs entfernt waren. Das Tauwetter nach Stalin untergrub außerdem den Glauben der Studenten an den Sozialismus. Die Desillusionierung breitete sich aus und Ideen, die ihnen früher eingetrichtert wurden, begannen hohl zu klingen. Ein Teilnehmer des Vorbereitungskurses erinnert sich an die Enttäuschung: „Damals sagte man uns, wir wären Pioniere des Fortschritts, der Bildung und neuer Ideen… Und das wollte ich auch sein!“ Am bittersten wurden diejenigen enttäuscht, die beim Verfolgen ihres sozialistischen Traumes am meisten zu verlieren hatten. Die jährliche Quote der Abiturienten, die ein Studium aufnahmen, war von 4-5 % vor dem Krieg auf 40 % in den 1970er Jahren angestiegen. Doch je nach Studiengang brachen 20-60 % noch im ersten Jahr das Studium ab, viele davon aus der Arbeiterklasse.

Die Hürden des Aufstiegs

Den Studienanfängern im neuen Hochschulsystem erschwerten verschiedene Dinge den Weg. Um diese Hindernisse zu verstehen, muss man jedoch zunächst die Entwicklung der polnischen Hochschulbildung nach dem Zweiten Weltkrieg kontextualisieren. Nach 1945 wurden die Lehrpläne geringfügig geändert, man nahm z. B. die Geschichte des Zweiten Weltkriegs sowie eine Pflichtfremdsprache auf. 1948 wurde mit dem neuen staatssozialistischen Lehrplan das zuvor obligatorische Fach Religion aus dem Lehrplan gestrichen und Russisch wurde verpflichtend. Die Grundschule umfasste weiterhin sieben Stufen (7-14 Jahre) und die Zahl der Schulen wurde verdoppelt. Da Berufsausbildungen beliebter waren als das weiterführende Lyzeum, stieg auch die Zahl der Berufsschulen. Diese boten auch Weiterbildungen für Facharbeiter an, die einige Monate bis zwei Jahre dauerten. 1956 erhöhte man die Schulpflicht auf das Alter von 16 Jahren und führte Religion wieder ein, allerdings nur als außerschulischen Unterricht. Von 1959 bis 1965 wurden dank des Projektes ‚Tausend Schulen zur Tausendjahrfeier des polnischen Staates‘ über 1.200 Schulen gebaut. Zufälligerweise waren dies auch die Jahre, in denen die Babyboomer der Nachkriegszeit eingeschult wurden.

Um mehr junge Menschen aus der Arbeiterklasse und dem ländlichen Raum in die Hörsäle zu bekommen, musste in einer früheren Bildungsphase angesetzt werden. Nach der Grundschule standen die Schüler vor der wichtigen Entscheidung über ihren weiteren Bildungsweg: Lyzeum, Berufs- oder Fachoberschule. Die Chancen auf Bildung verbesserten sich während der Zeit des Staatssozialismus immer weiter, allerdings nur bis zur Sekundarstufe. Danach vergrößerten sich die Hürden eines gleichen Zugangs für alle. Von den Schülern, die zwischen 1957 und 1960 ihren Schulabschluss machten, wurden nur 10-13 % an Universitäten angenommen.

In den 1960er Jahren bestanden zwischen Stadt- und Landbevölkerung sowie den verschiedenen polnischen Regionen weiterhin erhebliche Unterschiede im Zugang zur Bildung und somit auch in den Lebenswegen. Die höchste Abbrecherquote bestand bei Mädchen aus ländlichen Gebieten, die nicht nur mit weiten Wegen, sondern oft auch mit den sozialen Erwartungen ihrer Familie und Gemeinschaft zu kämpfen hatten. Noch in der Mitte der 1960er Jahre besuchten weniger Mädchen als Jungen eine weiterführende Schule. Neben der Aussicht, auf dem elterlichen Hof zu arbeiten, galten traditionelle Frauenberufe wie Haushaltshilfe oder Kinderbetreuung noch immer als gangbare Alternative zur Bildung.

Während die leistungsstärksten Schüler zum Lyzeum gingen, war für viele andere die Berufsschule die erste und sicherste Wahl. Das Aufnahmeverfahren war hier weniger streng als an den Hochschulen, was Schüler mit weniger guten Noten anzog oder solche, die schnellstmöglich eine Arbeit aufnehmen mussten. Nach 1945 wählten Schüler aus nicht wohlhabendem Hause fast ausschließlich Berufsschulen, sodass die Anmeldezahlen von 2.552 im Jahr 1952 auf 8.780 im Jahr 1965 stiegen.

Da einige Kinder der Nachkriegsgeneration lediglich die Grundschule besucht hatten, gelang ihnen der Aufstieg nicht durch Hochschul-, sondern durch Sekundarbildung, genauer gesagt durch die Berufsschulen. Diese wurden zum ersten Mittel des Aufstiegs der Arbeiterklasse. Bis in die 1970er Jahre kamen 45 % der polnischen Industriearbeiterschaft von Berufsschulen.

Die gesellschaftlichen Erwartungen

Zahlreiche soziologische Untersuchungen aus dieser Zeit geben Einblicke in die Veränderungen der Sozialstruktur, der Bildungsbestrebungen und der beruflichen Erwartungen.3 Während Familien aus unteren Schichten in erster Linie den Wunsch hatten, ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen und ihnen zu helfen, ihrer Herkunftsschicht zu „entkommen“, legten Akademiker-Eltern die Messlatte viel höher. Sie wollten ihren Kindern eine wissenschaftliche Karriere ermöglichen und sahen einen akademischen Posten als Krönung des Erfolgs an. Studien über die Bildungsbestrebungen der späten 1970er Jahre zeigen, dass die Intelligenzija ihre Kinder mit allen Mitteln bilden wollte, unabhängig von ihren Talenten oder den materiellen Ressourcen der Familie.4 Gleichzeitig waren die jungen Leute aus der Bildungselite stärker motiviert, ein Studium aufzunehmen. Sie wollten nicht nur den sozialen Status ihrer Eltern beibehalten, sondern sich auch wirtschaftliches und kulturelles Kapital sichern. Akademikerkinder waren gewissermaßen gezwungen, ein Studium aufzunehmen, konnten dies aber ohne psychologische Rückschläge oder Probleme mit dem Selbstvertrauen tun.

Den Familien der Arbeiterklasse genügte es, durch Bildung harte körperliche Arbeit zu verhindern und den Aufstieg in eine Angestelltenposition zu ermöglichen. Für sie war es nicht notwendig, weitere wissenschaftliche Ambitionen zu verfolgen. Diese konnten, wenn sie denn existierten, in der Freizeit und nicht im Rahmen der beruflichen Entwicklung verwirklicht werden. Einige wenige hatten den Ehrgeiz, ihre Kinder „vom Bauern zum Gentleman“ zu erziehen. Eine ebenso kleine Gruppe wollte dafür sorgen, dass ihre Kinder Ingenieure werden, die sich dem Aufbau des Sozialismus verschrieben hatten. Die meisten wollten ihre Nachkommen jedoch lediglich vor der Arbeit auf dem Feld oder der Monotonie des Fließbandes bewahren.

Das sozialistische Wirtschaftsmodell benötigte gering qualifizierte Arbeiter und Techniker mit einer Ausbildung auf Sekundarschulniveau. Die Gehaltsunterschiede zwischen Hochschulabsolventen und Nicht-Absolventen waren vernachlässigbar und das Prestige der technischen Berufe nahm zu, sodass die Entscheidung für ein Hochschulstudium für Arbeiterkinder nicht selbstverständlich war. In den 1960er Jahren hing in Polen das Einkommen eher von der Art der Arbeit ab und nicht von der Ausbildung. Während für Akademikerkinder ein Weg ohne höhere Bildung und akademischen Posten einen Rückschritt und ein Scheitern bedeutete, sahen Arbeiterfamilien eine Berufsausbildung als Fortschritt an. In den meisten Fällen blieb der gesellschaftliche Status quo unverändert: Tausende von Arbeiterkindern arbeiteten in den 1960er Jahren in denselben Fabriken, in denen ihre Eltern gearbeitet hatten.

Die Universitäten hatten zwar den Anspruch, Menschen auszubilden, die im polnischen Kultur- und im Politiksektor wirken würden. Doch auf praktischer Ebene war das gesamte Bildungssystem darauf ausgerichtet, Fachleute für die Industrie auszubilden: Chemiker, Mechaniker und Techniker. Die neue Bildungselite wurde an der Universität ausgebildet, während neue Facharbeiter ihre Ausbildung an Berufs-, technischen Schulen, oder Fachschulen für Fächer wie Wirtschaft und Pädagogik erwarben. Alles in allem wurden die Universitäten nicht zum zentralen Element der Bildungsrevolution und der alltägliche Klassismus, die Ineffizienz des Systems und die traditionellen Klassenunterschiede blieben bei Professoren und Studenten stark ausgeprägt. Die Berufs- und Fachschulen veränderten mehr als die Universitäten.

Das Ideal der Alma Mater

Obwohl Aufstieg nur in den äußeren Teilen der polnischen Gesellschaft stattfand – bei der Bildungselite und den ungelernten Arbeitern (die auf der untersten Stufe begonnen hatten) – blieb die Universität ein Symbol der offenen Möglichkeiten. Im Jahr 1957, als noch ein Drittel der polnischen Bevölkerung nicht lesen und schreiben konnte und 7 % der Erwachsenen nie eine Schule besucht hatten, machte eine neue Generation ihre Abschlüsse an den Universitäten. Vor 1989 erreichte die Zahl der Absolventen landesweit fast zwei Millionen. Alle folgenden Generationen in der Volksrepublik Polen hatten eine größere Chance auf höhere Bildung, wodurch sich Bildungsnachteile verringerten. Dennoch entschied sich nur sehr wenige Schüler nach ihrem Abschluss für eine akademische Laufbahn – eine Tatsache, die letztlich die Grenzen des sozialen Wandels der Nachkriegszeit aufzeigt.

Herr Verlockung hat wahrscheinlich seinen Universitätsabschluss gemacht, bekam einen festen Arbeitsplatz in einer Fabrik und eine kleine Wohnung in einem der neu errichteten Wohnblöcke der Stadt. Seine geimpften Kinder besuchten sicher einen nahe gelegenen Kindergarten und später eine Grundschule, die zur Tausendjahrfeier des polnischen Staates im Jahr 1966 gebaut wurde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit konnten sie auch ein Lyzeum besuchen und schließlich einen Hochschulabschluss erlangen. Herr Verlockung ging wohl in den 1980er Jahren in den Ruhestand und erhielt seine staatlich garantierte Rente, als der Sozialismus gerade am Zerbröckeln war. Dieses Bild könnte man leicht als post-sozialistische Nostalgie abtun, aber es ist ebenso verlockend, in diesen Wahrscheinlichkeiten zu denken.

"Dzielni w pracy i nauce", Dziennik Łódzki, 3. Februar 1951, S. 4.

J. Connelly, Captive University, The University of North Carolina Press, 2000.

Darunter Forschungen zur Sozialstruktur und sozialer Reproduktion, von Soziologen wie Jan Szczepański, Ireneusz Białeceki, Włodziemierz Wesołowski, Henryk Domański, Elżbieta Wnuk-Lipińska, Halina Najduchowska und Kazimierz Słomczyński.

E. Wnuk-Lipińska, "Wykształcenie: cel czy środek", in: Studenci w Polsce i w Niemieckiej Republice Demokratycznej w świetle badań socjologicznych, H. Najduchowska (Hrsg.), PWN, 1987, S. 23.

Published 15 February 2024
Original in English
Translated by Jana Knäringer
First published by Eurozine

Contributed by RECET © Agata Zysiak / RECET / Eurozine

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