1. Gegenkultur von rechts?
Unter begeisterten Zurufen tritt Björn Höcke im November 2017 ans Rednerpult der sechsten Compact-Konferenz in Leipzig. Seit 2010 verbreitet das Magazin Compact mit einem geschätzten Verkauf von 40.000 Exemplaren Monat für Monat Verschwörungstheorien, heteronormative Familienpropaganda und antimuslimischen Rassismus.1 Knapp zwei Monate sind in jenem November seit der Bundestagswahl vergangen, bei der die Alternative für Deutschland (AfD) mit 12,6% als drittstärkte Kraft in den Bundestag einzog. Björn Höcke ist Vorsitzender des Landesverbands Thüringen und Teil des völkischen Flügels der AfD. Ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn, welches der Bundesvorstand der AfD Anfang 2017 in Folge einer geschichtsrevisionistischen Rede Höckes einleitete, wurde abgewiesen. Höcke steht wie kein anderer in der Partei für die Verbindung von neurechten Denkfabriken und rassistischen Bürgerbewegungen auf der Straße, die insbesondere seit der sogenannten Flüchtlingskrise, dem Sommer der Migration, sichtbar geworden ist. Die neue rechte Partei verdankt ihre Stärke unter anderem der Vernetzung und Mobilisierung in den sozialen Medien.2 Ihr Wachstum, so Höcke in Leipzig, sei „nicht zuletzt dem Faktor zu verdanken, der nicht einmal politischer, sondern technologischer Natur ist – ich spreche vom Internet.“ Er führt aus:
Während die Massenmedien traditionell zentral, vertikal und oligopolitisch strukturiert sind, ist mit dem Internet erstmals eine dezentrale, horizontale und pluralistische Massenkommunikation möglich geworden und findet auch statt.3
Die vulgäre Medientheorie Höckes fügt sich in das schlichte Weltbild, das seiner Darstellung zu Grunde liegt: Ausgehend von dieser seit 20 Jahren aktiven „Internetaufklärung“ habe sich eine Oppositionsbewegung entwickelt, die mittlerweile auch „in der Realität“ verankert sei. Zu dieser Realität wiederum gehören für Höcke, neben Bürgerbewegungen und der Partei, maßgeblich traditionelle Printmedien. Die Rechte, so der AfD-Politiker, „dringt auch in Gestalt alternativer Zeitschriften wie beispielsweise Compact oder Sezession oder seit kurzem auch dem Cato Magazin in den traditionellen Bereich gedruckter Kommunikation vor”.
Höckes Kommentar ist nicht allein als freundliche Geste den Gastgebern von der Zeitschrift Compact und dem Publikum im Saal gegenüber zu verstehen. Auch zwei aktuelle Auseinandersetzungen mit der Konjunktur der Neuen Rechten, Volker Weiss’ Die autoritäre Revolte und Thomas Wagners Die Angstmacher (beide 2017 erschienen), rücken Zeitschriften, Zeitungen und Verlage ins Zentrum ihrer Darstellung. Im Folgenden wollen wir einerseits zeigen, dass das Printwesen für rechte Vergemeinschaftung und Politik seit langem von zentraler Bedeutung ist: Seit der unmittelbaren Nachkriegszeit haben rechte Verleger, Schriftsteller und Journalisten an der Verdichtung von Netzwerken, der Zirkulation von Inhalten und der Verbreiterung ihres Wirkungsradius gearbeitet. Zeitschriften schufen Übergänge zwischen alten Nazis und neuen Rechten in Deutschland und in andere Länder. Andererseits erneuert sich derzeit das rechte Printwesen unter den Vorzeichen der Digitalisierung und der sozialen Medien. Wie ist dieser vermeintliche Anachronismus zu erklären? Was ist das Versprechen gedruckter Zeitschriften, das die Theoretiker und Demagogen der Neuen Rechten hochhalten?
Für Höcke bildet das Trio Bürgerbewegung-Publizistik-Partei die Stützpfeiler einer neuen „Gegenkultur“. Die Wahl des Begriffs „Gegenkultur“ wie die Rede von „alternativen Zeitschriften“ mögen auf den ersten Blick irritieren: Beide Begriffe werden traditionell mit linker Politik assoziiert. Was Höcke unter Gegenkultur versteht, lässt sich dabei seinen Ausführungen zur Rolle des Internets entnehmen: der fundamentale Bruch mit der bestehenden Kultur und Öffentlichkeit, die als monolitisch imaginiert wird, und zu der neben „Kartell-“ oder „Systemparteien“ (oft auch als „die Altparteien“ bezeichnet) eben auch „Kartell-“ oder „Systemmedien“ gehören. Entsprechend ist es dann auch nicht mehr verwunderlich, dass „alternativ“ als politischer Begriff, der vor allem in den „Alternativbewegungen“ der 1970er und 1980er Jahre geprägt und popularisiert wurde, von rechts angeeignet wurde und Teil des konservativ-nationalen Wortschatzes geworden ist. Allein die Bezeichnungen Alternative für Deutschland und Alt-Right zeigen das deutlich.4
2. Gramsci, rechtsverdreht – Lenin, weitgehend abwesend
„Einer der Theoretiker, die mich in den letzten Jahren maßgeblich begleitet haben, ist Antonio Gramsci“, sagte Höcke in einer anderen Rede, diesmal im sächsischen Eisleben.5Dass rechte Politiker, Schriftsteller und Publizisten die theoretischen Arbeiten des italienischen Kommunisten Antonio Gramsci zitieren, hat im Zuge der Wahlerfolge der Alternative für Deutschland, aber auch Donald Trumps in den USA öffentliche Aufmerksamkeit erfahren.6 Neu ist diese Aneignung jedoch nicht: Der französische Intellektuelle Alain de Benoist hatte schon in den 1970er Jahren damit begonnen, Gramscis Theorie im rechten Milieu zu popularisieren.7 Die Nouvelle Droite, die um Benoist entstand, ist Vorbild sowohl für die deutsche Neue Rechte, als auch für die Alt-Right in den USA. Sein 1985 erschienenes Buch Kulturrevolution von Rechts: Gramsci und die Nouvelle Droite wurde zuletzt im Dresdener „Jungeuropa Verlag“ neuaufgelegt.
Gramsci, zunächst engagiert in der Sozialistischen Partei Italiens, dann Mitbegründer der Kommunistischen Partei, verfasste nach seiner Verhaftung durch die Faschisten im Jahr 1926 eine Reihe von theoretischen Arbeiten, die nach seinem Tod unter dem Titel Gefängnishefte publiziert wurden. Anders als in einem absolutistisch beherrschten und wenig industrialisierten Land wie dem zaristischen Russland, könne, so befand er, in einer entwickelten bürgerlichen Gesellschaft die Macht nicht schlicht durch einen Staatsstreich errungen werden. Das liege daran, dass die Herrschaftsform der bürgerlichen Gesellschaft sich nicht allein auf repressive Apparate wie die Polizei oder Armee stütze, sondern auf der Herstellung von Zustimmung durch die Beherrschten, auf „Hegemonie“, basiere. Öffentlichkeit, Publizistik und Kultur sind für diese Herstellung von Zustimmung ein zentraler Raum. Im zweiten Band der Gefängnishefte heißt es dann auch: „Die Presse ist der dynamischste Teil dieser ideologischen Struktur, aber nicht der einzige.“8 So war Gramsci selbst als Journalist tätig und an der Gründung der sozialistischen Zeitung L’ordine nuovo beteiligt. Für einen Teil der europäische Rechten verschoben sich mit der Rezeption der Texte Gramcis in den 1970er Jahren jedenfalls die Prioritäten: Nicht der Wahlerfolg, sondern die Durchsetzung von Werten und das Erschaffen von Bildern rückte in den Mittelpunkt der eigenen politischen Tätigkeit.9„Von dieser Warte aus gesehen“, so schreibt auch Benoist in seinem 2014 auf Deutsch erschienen Buch Mein Leben, „ist die Besetzung einer Redaktionsstelle oder gar die Ausstrahlung einer Fernsehserie von größerer Bedeutung als die Wahlparolen einer Partei.“10
Weniger als von Gramsci ist in Höckes Ausführungen von Lenin die Rede. Er führt ihn nur an jener Stelle an, an der er Sarah Wagenknecht und Oskar Lafontaine von der Partei Die Linke dazu rät, nach Lenins Vorbild ihre Partei zu spalten. Dabei hätte Lenin für Höcke auch in publizistischen Fragen zum Stichwortgeber werden können. Denn Lenin hatte, als er darüber nachdachte, wie die Revolution in Russland zu bewerkstelligen sei, an zentraler Stelle die Zeitung als ein Mittel bestimmt. In dem programmatisch betitelten Womit beginnen? heißt es: „Wir brauchen vor allem eine Zeitung – ohne sie ist jene systematische Durchführung einer prinzipienfesten und allseitigen Propaganda und Agitation unmöglich“.11 Und so war auch Lenin an der Gründung und Leitung mehrerer Zeitungen beteiligt, zuerst, im Münchener Exil, an Sarja („Morgenröte“), dann an Iskra („Der Funke“), in der 1901 Womit beginnen? erschien, sowie 1912 an Prawda („Wahrheit“), die nach der Revolution zum Zentralorgan der KPdSU werden sollte. Mit ihrer Hilfe, so schrieb er damals,
[…] wird sich ganz von selbst eine beständige Organisation herausbilden, die sich nicht nur mit örtlicher, sondern auch mit regelmäßiger allgemeiner Arbeit befaßt, die ihre Mitglieder daran gewöhnt, die politischen Ereignisse aufmerksam zu verfolgen, deren Bedeutung und Einfluß auf die verschiedenen Bevölkerungsschichten richtig zu bewerten und zweckmäßige Methoden herauszuarbeiten, durch die die revolutionäre Partei auf diese Ereignisse einwirken kann.12
Die Zeitung war für Lenin ein „kollektiver Organisator“. Mit Gramscis und Lenins Überlegungen lassen sich daher zwei Wirkungsabsichten von Zeitschriften benennen: Wirkung auf der diskursiven und auf der organisatorisch-materiellen Ebene, die in beiden Fällen sowohl nach Innen (zur Redaktion, zum Mitarbeiterstamm) als nach Außen (zur Leserschaft) gerichtet ist. Diese Wirkungabsichten finden sich auch in den publizistischen Bestrebungen der neuen Rechten wieder, die dafür zum Teil selbst die alten Vorbilder aus der Geschichte des Sozialismus bemühen. Während Lenins und Gramscis Ziel allerdings die Aufhebung der bürgerlichen in einer kommunistischen Gesellschaft blieb, ist das Ziel der Rechten deren Auflösung – weswegen es ihnen, wo sie sich auf die Texte der kommunistischen Theoretiker und Politiker beziehen, zumeist herzlich wenig um deren präzise Deutung zu tun ist. Auf die Frage, was die Rezeption linker Theorie für eine Betrachtung rechter Publizistik und ihre (Selbst-)Theoretisierungen bedeutet, kommen wir am Ende dieses Textes kurz zurück.
Grundsätzlich neu ist die Beobachtung, dass die Rechte Versatzstücke linker Theorie aufnimmt, nicht: Bereits 1988 wurde am Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung ein Sammelband mit dem Titel Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten herausgegeben, der einen Überblick und eine ideologiekritische Auseinandersetzung mit rechten publizistischen Hegemoniebestrebungen unternahm.13Ähnlich wie heute lieferte auch damals der Aufbau einer neuen Partei den Grund für Interesse wie Besorgnis: 1987 hatte der Publizist Gerhard Frey die Deutsche Volksunion (DVU) als politische Partei gegründet. Seine Anfänge im rechten Milieu hat Frey schon 1951 als Mitarbeiter der nationalistischen und antikommunistischen Deutschen Soldatenzeitung, die er später übernahm.14
Mit fünfundzwanzig Jahren rief er 1958 die Druckschriften- und Zeitungsverlags GmbH (DSZ-Verlag) ins Leben, aus der weitere Zeitungen wie der Deutsche Anzeiger hervorgingen. Über diese Zeitschriften hatte Frey jahrzehntelang erfolgreich geschichtsrevisionistische, nationalistische, antisemitische und rassistische Inhalte an seine Leserschaft verkauft.1988 hatten Freys Wochenzeitungen zusammen immerhin eine Auflage von 130.000 Exemplaren. Und sie bildeten nur einen kleinen Teil der insgesamt 130 Zeitungen und Zeitschriften, die die Duisburger Forschergruppe verzeichnete. In ihrem Sammelband hieß es:
Was bisher in der Bundesrepublik Deutschland ein Schattendasein zu fristen schien, was in der Presse und in den diversen Verfassungsschutzberichten eher mitleidig als Randerscheinung notiert wurde, scheint in den letzten Jahren geradezu einen Boom zu erleben. Neurechte Theoriezirkel entstehen, rechte Parteien formieren sich und wetteifern darum, welche von ihnen in den nächsten Jahren die Führung übernehmen wird. Daneben ist zu beobachten, daß rechte Gedanken in Wissenschaft und Publizistik immer offener diskutiert und dadurch wieder hoffähig gemacht werden.15
Eine gleichlautende Diagnose könnte man wohl auch heute formulieren. Um die Frage zu klären, ob der Rechtsextremismus in der Bundesrepublik wieder eine Chance habe, untersuchten die Duisburger Forscher damals das Zeitungs- und Zeitschriftenwesen. Dort kämen die Logik des rechten Denkens und die Strategie ihrer Politik zusammen, die „Argumente“ und die „propagandistischen Mittel, mit deren Hilfe sie diese Argumente unter die Leute zu bringen versuchen”. Die HerausgeberInnen und AutorInnen rechter Periodika, so befand die Forschergruppe, hatten ihr Publikum jeweils sehr genau im Auge und verwendeten gezielte Mittel der Ansprache, um sowohl diejenigen zu bedienen, die schon überzeugte Rechte waren, als auch diejenigen, die noch ideologisch gewonnen werden sollten. Und so fällt auch 1988 den ForscherInnen schon die Verbindungslinie zu Gramsci ins Auge: Die Neue Rechte, so heißt es, ziele nicht allein auf kurzfristig zu erreichende Wahlerfolge, sondern setze – mit einem „nach rechtsverdrehten Gramsci“ – auf zunehmende Eroberung der Diskurshoheit.16
Die Köpfe der Menschen zu besetzen, später dann die Macht zu ergreifen: Diese Strategie, theoretisch durch rechte Intellektuelle und Publizisten aufgegriffen, steht paradigmatisch für den Übergang von alten zu neuen Rechten. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass die (Selbst-)Erfindung dieser Neuen Rechten ermöglicht wurde durch vorgefundene, von Vorgängern bereitgestellte Mittel –dazu gehören an zentraler, vermittelnder Stelle Zeitschriften.
3. Netzwerke: Little magazines und intellectual journals
Von der DVU-Gründung aus noch einmal zwanzig Jahre zurückgespult, lassen sich auch in den 1960er Jahren Versuche beobachten, die rechte Publizistik nach ihrer Funktions- und Wirkweise zu beleuchten. Der Journalist Manfred Jenke brachte 1967 unter dem Titel Die nationale Rechte. Parteien, Politiker, Publizisten eine solche Studie heraus. Auch sie steht in zeitlicher Nähe zum Aufstieg einer neuen rechtsextremen Partei, und zwar der ersten größeren in der Geschichte der jungen Bundesrepublik: Der seit 1964 existierenden und rasch erste Wahlerfolge feiernden Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Jenke schrieb 1967:
Publizistik und kulturelle Organisationen hatten einer neuen rechtsextremen Partei, der NPD, Vorspanndienste geleistet, in dem sie über die Zeit der Zersplitterung politischer Organisationen hinweg propagandistisch gewirkt und vor allem jüngere Menschen mit dem ‚Gedankengut’ der Rechtsopposition vertraut gemacht hatten.17
Schon kurz nach 1945, noch aus den Kriegsgefangenenlagern heraus, hatten sich Zirkel gebildet, in denen sich Nationalsozialisten gegenseitig materiell und ideell unterstützten. Solche Zusammenschlüsse waren Sammelbecken der ehemaligen Funktionselite des Dritten Reichs. NSDAPler und Angehörige anderer rechter Fraktionen aus der Zeit der Weimarer Republik gründeten in den westlichen Besatzungszonen schnell eine Reihe von neonazistischen, völkischen und antiparlamentarischen Kleinparteien.18 Zwar war diesen Parteien kein dauerhafter Erfolg beschert, die parallel zu ihnen entstandenen Strukturen mit niedrigerem Institutionalisierungsgrad erwiesen sich aber als umso tragfähiger: Dem Politikwissenschaftler Gideon Botsch zufolge ist die Tatsache, dass “das nationale Lager die kritischen 1950er Jahre überstand”, vor allem dem Netz intellektueller und publizistischer Zirkel geschuldet, in denen an der Tradierung und Aktualisierung “radikalnationalistischer Inhalte” gearbeitet wurde: Verlage, Zeitschriften, Lesegruppen, Studienkreise, Kulturgemeinschaften und Gesprächsrunden.19 Zu diesen Zirkeln gehörte das von dem „SA-Dichter“ und promovierten Germanisten Herbert Böhme (1907-1971) gegründete Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes, das sich als Gegenpol zur linksintellektuellen Gruppe 47 verstand und mit 100.000 DM Starthilfe vom Stifterverband der deutschen Industrie aus der Taufe gehoben wurde.20 Böhme hatte im nationalsozialistischen Apparat Karriere gemacht, zuerst in einem Kulturgremium der SA, später als “Fachschaftsleiter Lyrik” bei der Reichsschrifttumskammer, im Reichspropagandaministerium und als Dozent an der Reichsuniversität Posen. Beispielhaft für den Typus der “SA- und SS-Intellektuellen”, die im NS nicht nur “Weltanschauungsproduzenten” waren, sondern sich vielmehr als “Tatmenschen” in den nationalsozialistischen Organisationen verstanden hatten, versuchte Böhme sein Wirken nach 1945 fortzuführen.21
Böhmes 1950 gegründetes bis 1996 bestehendes Kulturwerk hatte schon nach wenigen Jahren ca. 2000 Mitglieder und über 100 Tagungsstätten, in denen Dichterlesungen und andere Kulturveranstaltungen stattfanden. Der Verlag und das “Kulturwerk” schufen dauerhafte Verbindungen, die auch zu Jugendorganisationen und ins studentische Milieu der Burschenschaften reichten. So beteiligte sich Böhme etwa an der Gründung des “Schillerbunds Deutscher Jugend” im Mai 1955 in Schillers Geburtsstadt Marbach am Neckar, der jedoch bereits 1962 als verfassungsfeindliche Organisation wieder verboten wurde.22 Vor allem aber war Böhme ein Zeitschriftenmacher. Er war Herausgeber der Klüter Blätter, die 1951 mit dem Untertitel Deutsche Sammlung aus europäischem Geiste erschienen (ab 1982 Deutsche Monatshefte). In dieser Zeitschrift erschienen literarische und weltanschauliche Texte, politische Kommentare und Buchrezensionen. Insgesamt sollte die Zeitschrift ein bewahrendes Archiv völkisch-deutschnationaler Kultur bilden.23 So schrieb Böhme in einer Beilage zur Zeitschrift:
Wir haben uns diese Zeitschrift ‘Klüter Blätter’ nach einem so schweren Zusammenbruch eines anständigen, sauberen Lebens des größten Teils des deutschen Volkes geschaffen wie einen Kristall, uns doch noch unter uns und für unsere Kinder Güte, Reinheit und Vorbild zu erhalten.24
Zeitschriften wie die Klüter Blätter waren rechte „little magazines“. Bei little magazines handelt es sich um einen Typus von Zeitschriftenpublizistik, der insbesondere in der literarischen Moderne prominent wurde. Ein zentrales Merkmal solcher kleinen Magazine ist, dass sie sich an einen eingeschränkten Kreis von LeserInnen richten, der sich potentiell, manchmal aber auch ganz real mit seinen Autoren und Autorinnen deckt.25 Little magazines sind damit kein den massenhaft industriell produzierten (kommerziellen) Zeitschriften und Zeitungen historisch vorhergehendens Phänomen, sondern entstehen gemeinsam mit ihnen, auch wenn (oder weshalb) sie sich oft kritisch gegen letztere richten. Sie vertreten dezidiert eine eigene Programmatik, mit der sie sich von anderen little magazines, aber darüber hinaus der Zeitschriftenwelt überhaupt abgrenzen. Kleine Periodika wie die Klüter Blätter, aber auch Privatdrucke, Briefwechsel und Zirkulare wie die ebenfalls von Böhme herausgegebenen Mitteilungsblätter des Kulturwerks waren seit den 1950er Jahre ein Mittel rechter und neurechter Netzwerkbildung. „[R]rechte Intellektuelle und Publizisten“ haben, so schreiben Georg Seeßlen und Markus Metz, „eine Art Avantgarde-Funktion. Sie loten semantisch und rhetorisch aus, was (wieder ) möglich ist, sie entwickeln Jargon und Maskerade, sie liefern Phantasmen und Narrative.“26 Die kleinen Zeitschriften und die AutorInnen- und LeserInnenzirkel, die um sie entstanden, sorgten aber auch für Stabilisierung von Weltanschauungen, die Durchsetzung von Argumentationsmustern sowie die Bildung von Kreisen, die sich dabei als geistige Eliten imaginieren konnten. In Böhmes Person zeigt sich, dass das rechte Netzwerken und das Zeitschriftenmachen eng zusammengehen, eine Pluralität von Zeitschriften dabei auch die Pluralisierung möglicher stilistischer und inhaltlicher Ausrichtungen und damit Adressaten ermöglicht: Neben den Klüter Blättern beteiligte er sich an der 1950/51 gegründeten Zeitschrift Nation Europa des ehemaligen Volksschullehrers, Militärschriftstellers und SS-Offiziers Arthur Ehrhardt. Im Gegensatz zum „little magazine“ Klüter Blätter war Nation Europa ein professionelleres und breiter gefächertes „intellectual journal“, und bildete mit einer durchschnittlichen Auflagenzahl von ca. 15.000 bis in die 1980er Jahre hinein das wichtigste rechtslastige deutsche Periodikum. Die Redaktion hatte sich früh über den engeren Kreis der Altnazis hinaus zur breiteren „nationalen Opposition“ als Ganzer geöffnet und versucht, an rechte Strömungen in ganz Europa anzuschließen. Zur Demonstration dieses ‚europäischen Geistes’ erschien die Zeitschrift bis in die 1960er Jahre mit Abbildungen von Statuen auf ihrem Cover, die auf das antike Griechenland zurückverweisen. Zur Gründung der Zeitschrift und des zugehörigen Verlags hatte sich Erhardt 1950 mit dem britischen Faschisten Oswald Mosley beraten, der gute Kontakte zu verschiedenen Kreisen deutscher Nationalsozialisten unterhielt. An der Finanzierung der zu Nation Europa zugehörigen Verlagsgesellschaft waren auch wohlhabende französische Neofaschisten beteiligt.27 Mit kaum verhohlenen Bekenntnissen zum NS und einem entsprechenden Jargon stand Nation Europa von Beginn für eine „europäische Vernetzung im Geiste der Waffen-SS“.28 Entsprechend bemühte sich die Zeitschrift darum, die Erinnerung an den gemeinsamen Gegner im Osten und die Kollaboration der Kriegsjahre wachzuhalten, als französische Rechtsintellektuelle für die Verteidigung des Abendlandes an die Seite der Deutschen getreten waren.29 Oswald Mosley war regelmäßiger Beiträger der Zeitschrift, der für die Verteidigung europäischer „Lebensräume“ in Afrika und andernorts auf der Welt – und damit gegen die Dekolonialisierung – stritt. Früh übte sich die Zeitschrift auch auf dem Gebiet der Holocaust-Leugnung, aber stets so, wie Monika Krieg in dem Duisburger Band 1988 festgestellt hat, dass sich ihre Leser keineswegs als Faschisten empfinden mussten, sondern nur als „vernünftig“ denkende Zeitgenossen.30 Entsprechend versuchte Nation Europa immer wieder, konservative Autoren aus anderen Medien in das Blatt zu integrieren. Das sollte Seriosität auszustrahlen und die Zeitschrift so weiter in die Mitte der Gesellschaft öffnen – eine Strategie, die die Zeitschriften der Neuen Rechten teilweise übernehmen sollten.
4. Generationswechsel mithilfe von Zeitschriften
Neben Milieu- und Zielgruppen-Transfers machten Zeitschriften wie Nation Europa schließlich auch den Generationswechsel von alten zu neuen Rechten möglich: Arthur Erhardt von Nation Europa förderte den „Nationalrevolutionär“ Henning Eichberg,31 der langjähriger Mitarbeiter der Zeitschrift wurde. Erhardt brachte Eichberg auch in Kontakt mit der französischen Burschenschaft Fédération des étudiants nationalistes (FEN), worüber Eichberg unter anderem Alan de Benoist kennenlernte. So ebnete Arthur Erhard Wege für eine neue Generation von Rechtsintellektuellen, die zugleich den Weg vom ‚Geist der Waffen-SS’ hin zu einer internationalen neurechten Ausrichtung beschritten. Sie ist insbesondere durch die von Eichberg und Benoist geprägten ‚ethnopluralistischen’ Konzeptionen gekennzeichnet, die von einer notwendigen Trennung von Ethnien ausgeht und, indem sie dies kulturalistisch begründen, sich als weniger angreifbare Variante eines biologistisch argumentierenden Rassismus darstellen.
Diese neue Generation rechter Publizistik begann sich trotz zahlreicher personeller und ideologischer Verschränkungen zunehmend vom Nationalsozialismus zu distanzieren, nicht zuletzt um anschlussfähiger zu werden. Für sie wurde daher eine bundesrepublikanische Strömung wichtig, die sich auf rechtskonservative, antiliberale Denker der Zwischenkriegszeit wie Ernst Jünger, Martin Heidegger, Carl Schmitt oder Arnold Gehlen berief und damit gewissermaßen die NS-Zeit übersprang. Um diese nach 1945 teils mehr, teils weniger diskreditierten ‚Solitäre‘, die sich selbst trotz oft frühem Engagement für das NS-Regime später als widerständig inszenierten, hatten sich treue Kreise von Schülern gruppiert, um, wie es Dirk van Laak formuliert hat, “Gespräche in der Sicherheit des Schweigens” zu führen.32 Mit diesen Schülern etablierte sich ein Netz an Boten und Mittlern, aus dem wichtige Impulse zur Formierung der Neuen Rechten hervorgingen, die bald auch publizistisch Niederschlag fanden.33
Für diese “radikalkonservative” Strömung steht insbesondere Armin Mohler, ein Schweizer Geisteswissenschaftler, Journalist und Bewunderer Carl Schmitts.34 Nachdem er im Zweiten Weltkrieg erfolglos versucht hatte, sich der Waffen-SS anzuschließen, reichte Mohler 1949 an der Universität Basel eine Doktorarbeit über konservative Intellektuelle in der Weimarer Republik ein, mit der er den Begriff der „konservativen Revolution” prägte.35 Zwischen 1949 und 1953 war Mohler Ernst Jüngers Privatsekretär. Als Journalist für mehrere große Tageszeitungen, aber auch mit eigenen Planungen versuchte er in den 1950er und 1960er Jahren, publizistisch von rechts auf die CSU unter Franz Josef Strauß einzuwirken. In Mohlers Augen war eine echte „konservative Presse“ durch die weitgehende Unterwerfung unter das Diktat der Besetzungsmächte verschwunden. So schrieb er noch 1975 in einem vorwurfsvollen Nachruf auf Giselher Wirsing, der 1933 die intellektuelle Zeitschrift Die Tat nationalsozialistisch gleichgeschaltet hatte und nach dem Zweiten Weltkrieg Chefredakteur der bis 1963 größten deutschen Wochenzeitung der Bundesrepublik Christ und Welt geworden war:
Wenn es heute in der Bundesrepublik keine konservative Presse von belang gibt, so ist daran in erster Linie ein Schlag von Publizisten schuld, die zu den Nutznießern des Dritten Reiches zählten und das dann nach 1945 durch eine kriecherische Willfährigkeit gegenüber den Parolen und Reizwörtern der Reeducation wettzumachen suchten.36
Mohlers Projektemacherei verleitete seinen Freund Caspar von Schrenck-Notzing, einen Großaktionär der Firma WMF dazu, eine eigene Zeitschrift zu gründen. Ab 1970 erschien Criticón, das sich als “Clearing-Stelle”, also Beobachtungsposten und Umschlagplatz für rechte publizistische Bestrebungen in aller Welt verstand. „Rückkehr zur Ratio“ titelte der erste Leitartikel, von Armin Mohler höchstpersönlich geschrieben. Mohler unternahm darin eine Absage an die intellektuelle Linke, für die er sich an Arnold Gehlens Buch Moral und Hypermoral von 1969 orientierte. In diesem hatte Gehlen das Bild einer zum Selbstzweck und Herrschaftsmittel verkommenen linken Moral gezeichnet.37 Das Erscheinen dieser Kritik nahm Mohler zum Anlass, den Beginn einer „nichtlinken“ intellektuellen Ära aufscheinen zu sehen – eine Ära der intellektuellen Neuen Rechten, die die Zeitschrift Criticón programmatisch einläuten sollte:
Seit [Gehlens] Buch da ist, kann man gewisse wohlfeile Gedanken nicht mehr vorbringen, ohne sich lächerlich zu machen. Wer wagt nun noch zu behaupten, das nichtlinke Denken erschöpfe sich im Gemüt, im Rückzug auf ‚Instinkt’, ‚Tradition’, ‚Irrationalität’? Die ZEIT hat bereits verstört festgestellt, daß hier ein schneidend scharfes Denken auftritt, das der Linken ihre ‚Verwaschenheit, Rhetorik, Vagheit der Ideen und Ziele‘ vorwirft. Wer wagt dem nichtlinken Denken angesichts dieses Buches noch vorzuwerfen, es hinke seiner Zeit nach?
Der Historiker Darius Harwardt suggeriert, dass die Bestrebungen von Mohler und Schrenck-Notzing auch als Reaktion auf die anhaltenden Proteste um 1968 und ihre Folgen zu verstehen seien. Mohler hatte schon 1966 mit Blick auf die zeitgenössischen Veränderungen der bundesrepublikanischen Wirklichkeit geschrieben:
Die Auflösungserscheinungen in Staat und Gesellschaft nehmen so überhand, dass die Gegenwehr organisiert werden muss – und zwar vor allem auch geistig […]. Weite Teile der Bildungsschicht wären offen für eine solche Zeitschrift. Immer mehr Angehörige dieser Schicht sind der Kapitulationsstimmung und der monotonen ,Negation als Selbstzweck‘ müde.38
Auch die älteren rechten Medien reagierten auf 1968. So hatte sich Nation Europa in den Jahrgängen 1967/68 mit der studentischen Revolte und anderen linken Jugendmilieus wie den Gammlern oder den Beatniks beschäftigt, die – „völlig bindungslos, amoralisch und ohne Glauben“ – für Nation Europa Ausweis des Kulturverfalls im Zuge von US-amerikanischer reeducation-Politik waren. Mit Preisausschreiben, Buchrezensionen und Jugendthemen (allen voran Bildungspolitik) zielte die Zeitschrift darauf ab, einen Anlauf zu einer über das neonazistische Schüler- und Studentenmilieu hinausgehenden neonazistischen Jugendkultur zu machen. Ob Preisfragen wie jene aus dem Jahr 1968: Was ist von größerer Bedeutung für das Verhältnis von Mensch und Tier: Umweltweinflüsse oder Erbanlagen? tatsächlich dazu führten, dass neue Leserschaften angezogen wurden? Der Versuch verdeutlicht zumindest, dass die Revolte von 68 für das alt- und neurechte Milieu eine Provokation darstellte, angesichts derer es sich zur Bildung von Gegen-Gegenkulturen veranlasst sah.
5. It’s complicated: 68 und die Neue Rechte
1968 wird in den Geschichtswissenschaften zunehmend auch als publizistisches Phänomen betrachtet, manche sprechen von einer „Paperback-Revolution“ (Ben Mercer). Zahlreiche jüngere Studien widmen sich dabei nicht zuletzt den Zeitschriften der Neuen Linken, denen einen wichtige Funktion für die Ereignisse von 1968 zugesprochen wird.39
In seinem Buch Die Angstmacher erklärt Thomas Wagner das Jahr 1968 aber auch zur Geburtsstunde der Neuen Rechten. Wie dargestellt, spielen Kontinuitäten zur jungen Bundesrepublik und in den Nationalsozialismus hinein, die sich nicht zuletzt in den Zeitschriftenredaktionen zeigen, eine wichtige Rolle für Neuformierungen von rechten politischen Projekten in der Bundesrepublik. Wagner stellt allerdings pointiert heraus, wie 1968 nicht nur als Abwehrmoment, sondern auch als Inspiration für neue Politik- und Aktionsformen wirkte. Der „Kulturmarxismus“, dessen Schreckensbild AfD-PolitikerInnen heute regelmäßig an die Wand malen (und der nicht von ungefähr an den NS-Kampfbegriff des „Kulturbolschewismus“ erinnert), ist ihnen zugleich Feindbild wie – in der ihm unterstellten erfolgreichen Umgestaltung der Gesellschaft – Vorbild. Dass es sich dabei auch um eine Selbsterzählung handelt, die von denen, die sie aufrufen, strategisch zum Einsatz gebracht wird, ist selbst ein aufschlussreiches Phänomen. Ähnlich wie Björn Höckes Begriffsprägung bzw. Aneignung einer „konservativen Gegenkultur“ ruft die 2007 vom Antaios-Verleger Götz Kubitschek gegründete Konservative Subversive Aktion den Namen der linken Aktionsgruppe Subversive Aktion der 1960er Jahre auf, um sich mit deren radikalen Nimbus zu schmücken, während deren Aktionsformen derzeit von der Identitären Bewegung beerbt zu werden scheinen. Das komplizierte Verhältnis der Neuen Rechten zur Neuen Linken zeigt sich auch in der Rechtswende der seit Ende der 1970er Jahren erscheinenden Zeitschrift Tumult, deren Chefredakteur Frank Böckelmann 1963 in München Mitbegründer eben jener Subversiven Aktion war. An ihrer Entwicklung lassen sich Verschiebungen in der intellektuellen Landschaft der Bundesrepublik nachvollziehen.
Tumult erscheint seit 1979 unregelmäßig und in wechselnden Verlagen.40 Die Zeitschrift gilt für die 1980er Jahre als ein zentrales Medium der Verbreitung französischer poststrukturalistischer Philosophie in Deutschland.41 Schon in ihrem ersten Heft formuliert die Zeitschrift dabei eine Absage an den Marxismus bzw. historischen Materialismus.42 Sie entsteht aber noch im Kontext linker Neuformierungsbemühungen nach dem Deutschen Herbst, für die exemplarisch der Berliner Tunix-Kongress 1978 steht,43 auf dem der französische Philosoph Michel Foucault selbst die Gründung der Zeitschrift angeregt haben soll.
2013 war neben die nur noch unregelmäßig und in kleiner Auflage erscheinende Schriftenreihe Tumult ein zweites Printprodukt gleichen Namens getreten, welches von Frank Böckelmann verantwortet und von einem eigens dafür gegründeten gemeinnützigen Verein mit Sitz in Dresden getragen wird. „Wir wollten ein aktuelles Beiboot […] haben“, „[e]in Organ, mit dem wir die Entwicklung der Dinge in der Gegenwart einbeziehen können“, äußerte Böckelmann gegenüber Thomas Wagner.44 Das Erscheinen der neuen Zeitschrift wurde vom Feuilleton damals teilweise distanziert,45 aber weithin interessiert aufgenommen. Positiv hervorgehoben wurden die fehlenden „Berührungsängste“ gegenüber „linken und rechten Publizisten“.46 Auch die neurechte Wochenzeitung Junge Freiheit berichtete angetan.47 Die neue Heftserie trägt den neuen Untertitel „Vierteljahresschrift für Konsensstörung“, der angesichts der zunächst wenig kontroversen Aufnahme ironisch anmuten mag. Mit ihm ist aber in aller Deutlichkeit Böckelmanns Programm benannt: Denn mit der Annahme eines fabrizierten Konsenses (die Homepage spricht an anderer Stelle sogar von „Gleichschaltung“48), den es unabhängig von seinem je spezifischen Inhalt mittels alternativer Medien zu stören gilt, ist, so zeigt sich spätestens im Rückblick, bereits ein zentrales Moment neurechten wie verschwörungstheoretischen Denkens aufgerufen.49 Die von Tumult für dieses Stören in Stellung gebrachte Figur des „Selbstdenkers“ ist dabei ein Wiedergänger des Solitärs,50 dessen Umrisse die Zeitschrift schon in den 1980er und 1990er Jahren u.a. bei Ernst Jünger und Co. für sich und ihre Abgrenzung vom Marxismus der 1970er Jahre und dem aus diesen hervorgegangenen juste milieu entdeckt hatte.51
Im Winter 2015/2016 erscheint unter dem Titel Die grosse Einwanderung schließlich ein Heft der Vierteljahresschrift, welches der sogenannten Flüchtlingskrise gewidmet ist. Sein Editorial überschreibt Böckelmann mit „Völkerfußwanderung 2015?“ und evoziert damit die frühmittelalterlichen Völkerwanderungen, die das Ende des römischen Reichs besiegelt hatten. Böckelmann konstatiert in diesem Text die Existenz von Sprachregeln, deren Missachtung zwangsläufig Rassismusvorwürfe einbrächte.52 Auch hierbei handelt es sich um ein typisches Mittel neurechten Sprechens, das sich so einerseits heroisch mit dem von ihm selbst inszenierten Tabubruch schmücken, andererseits den Rassismus-Vorwurf vorsorglich und unter Absehung seiner jeweiligen Begründung als Teil eben jener angeblich herrschenden „Hypermoral“ entkräften kann, die Arnold Gehlen bereits 1969 entdeckt zu haben glaubte und die Armin Mohler so begeistert aufgegriffen hatte. Nicht umsonst führt ihn schon der Untertitel der Ausgabe prominent, die einen „Kurzschluss von Ökonomie und Hypermoral“ prognostiziert.
Zunehmend intensiver rätselt seitdem eine interessierte Kultur-Öffentlichkeit über das Phänomen einer ganz anderen „Wanderung“, der Wanderung Intellektueller von Links nach Rechts53– auch wenn diese Wanderung bei Böckelmann, der bereits im Winter 2014/2015 eine Pediga-Demonstration in Dresden besuchte, viele Jahre vor die sogenannte Flüchtlingskrise datiert und weithin öffentlich nachzuvollziehen, d.h. nachzulesen war.54 Wie gezeigt hatten schon zuvor Autoren, die sich in neurechten Kontexten bewegten, den Weg in die Tumult gefunden, allerdings noch unter anderen publizistischen und politischen Umständen.55 Jetzt allerdings erklärt ein Teil des umfangreichen Stamms an Autorinnen und Autoren in der Folge, diesem nicht mehr angehören zu wollen, auch der Mitherausgeber der Vierteljahresschrift Horst Ebner zieht sich 2016 aus seiner Tätigkeit zurück. Erneut berichtet das Feuilleton, diesmal aufgeschreckt. Der Auflage geschadet hat das nicht. In den kommenden Ausgaben legen Tumult und Böckelmann nach.56 „Massenzuwanderung“ wird zum Titel einer eigenständigen Rubrik. Neben Geflüchteten und den Medien kommen mit dem Islam und dem Feminismus die üblichen Feindbilder hinzu, wenn sie auch wortreicher ausformuliert werden als in anderen Zusammenhängen.
6. Rechtsruck und Rechtsdruck
Ein abschließender Blick auf die traditionell reichweitenstärkste neurechte Printpublikation in Deutschland hilft dabei, die Funktion rechter Kulturzeitschriften in der rechten Medienökologie einzuschätzen. Die bereits seit 1986 unter Chefredakteur Dieter Stein erscheinende Wochenzeitung Junge Freiheit konnte im Vergleich zu 2012 ihre Auflage um 42 Prozent steigern. Im vierten Quartal 2017 verzeichnete sie eine Auflage von 35.882 Exemplaren.57 Ziel der Jungen Freiheit war es immer, so Thomas Wagner, „die Bandbreite dessen, was publizistisch als zulässige Meinungsäußerung gilt, nach rechts zu erweitern.“58 Darin gleicht sie den untersuchten Kulturzeitschriten, versucht aber noch direkter auf das rechte politische Parteienspektrum zu wirken. Volkmar Wölk von der antifaschistischen Zeitschrift Der rechte Rand stellt dies so dar:
Stein ist Alter Herr der Deutschen Hochschulgilde, einer bündischen Korporation, zu deren Charakteristika es traditionell gehört, an einer Rechtsverschiebung des politischen Koordinatensystems auf zwei Ebenen gleichzeitig zu arbeiten. […] Wesentliches Zielobjekt waren immer die Unionsparteien, protegiert wurden daneben nacheinander die unterschiedlichsten parteipolitischen Projekte wie Republikaner, Bund Freier Bürger, Schill-Partei oder aktuell die AfD. Bei dieser allerdings wird immer wieder die Sorge zum Ausdruck gebracht, sie könne sich so stark radikalisieren, dass sich jegliche Bündnishoffnungen mit der Union [CDU] zerschlagen.59
Deutlich zeigt sich, dass nicht nur rechte Bewegungen und Parteien die rechte Publizistik als Resonanzraum brauchen. Auch die Konjunkturen rechter Publizistik werden getragen durch den Aufstieg rechter politischer Parteien und Bewegungen. Die Zeitschriften sind daher, so wichtig und aufschlussreich ihre Analyse ist, trotz der sich selbst zugeschriebenen Leit- und Lenkungsfunktion in ihrer politischen Bedeutung nicht zu überschätzen. Auch wenn sie nicht selten ein elitärer rechter Habitus und die damit einhergehende Verachtung der Massen auszeichnet: Die Zeitschriftenmacher brauchen die Menschen auf der Straße und die Erfolge im Parlament, um sich ihrer eigenen Bedeutung zu versichern. Als am 15. März 2018 pünktlich zum Auftakt der Leipziger Buchmesse und der sie begleitenden medialen Aufmerksamkeit, online die „Gemeinsame Erklärung 2018“ veröffentlicht wird, konstatiert diese nicht nur eine Beschädigung Deutschlands durch „illegale Masseneinwanderung“, sondern solidarisiert sich vor allem mit denjenigen, die für die Wiederherstellung der „rechtsstaatlichen Ordnung an den Grenzen unseres Landes“ „demonstrieren“.60 Unter den Erstunterzeichnern – zu Beginn beschränkt auf „Autoren, Publizisten, Künstler, Wissenschaftler und andere Akademiker“ – befindet sich neben prominenten konservativen und nationalistischen Schriftstellern und Politiker*innen auch das Who-is-Who (neu)rechter Publizistik, wie es uns bisher begegnet ist: Dieter Stein, aber auch Karlheinz Weißmann und Andreas Lombard von Cato, Till Kinzel, der in Sezession und eigentümlich frei schreibt, die Publizistin Vera Lengsfeld und der Tumult-Herausgeber Frank Böckelmann.
Auch im Hinblick auf die Austauschprozesse innerhalb der neuen rechten Publizistik selbst ist die Junge Freiheit aufschlussreich:
Die JF arbeitet an diesem Ziel über die entsprechende Einordnung der Tagespolitik. Nach dem Streit zwischen Dieter Stein und Götz Kubitschek kam ihr mit dessen Sezession allerdings das bisherige Organ zur Vermittlung von Grundlagentexten abhanden. Wahrscheinlich soll die Neugründung Cato Abhilfe schaffen, ein zweimonatliches Blatt mit rund 100 Seiten Umfang im Stil einer „Gartenlaube“ für das heutige Bildungs(spieß-)bürgertum.61
Schon dass es sich bei der Jungen Freiheit nicht um ein Journal oder eine Zeitschrift handelt, die in der Regel höchstens monatlich erscheint, sondern um eine Wochenzeitung, macht sie für eine solche Einordnung zu einem geeigneten Vehikel. Sobald solche Übersetzungsinstanzen (in der Publizistik selbst, aber auch in die Politik) bestehen, gewinnt auch das zuvor Marginalisierte und Isolierte an Bedeutung.
In seiner eingangs zitierten Rede betont der AfD-Politiker Höcke die Zentralität von Blogs und Internetaktivitäten für den Erfolg der Partei. Für die USA hat Angela Nagel die These vertreten, dass die Alt-Right weitgehend unbemerkt von politischen Beobachtern
was […] building a multilayered alternative online media empire that would dwarf many of the above. This stretched from white nationalist bloggers in its sparsely populated corners to the charismatic YouTubers and Twitter celebrities in its more pupular form. These included right-wing outsiders such as Steve Bannon who, through building a publication like Breitbart, became chief strategist to the US president.62
Auch in Deutschland erreichen rechte Blogs wie PI News, Epoch Times, Info Direkt, Jouwatch zumindest laut der oben erwähnten Vera Lengsfeld mittlerweile 1,35 Millionen LeserInnen täglich.63 Man könnte daher noch einmal abschließend die Frage stellen, welche Bedeutung die neurechte Printmedien angesichts solcher massiven Zahlen überhaupt noch haben. Seeßlen und Metz haben die Krise der öffentlichen Intellektuellen in den Zusammenhang einer umfassenden Medientransformation gestellt. Der allgemeine Niedergang von Zeitungsredaktionen, Zeitschriften und Verlagen, so schreiben sie, sei „direkt proportional zum Bedeutungsverlust der Intellektuellen“. Zwar seien deren Wirkungsbedingungen immer historischem und technischem Wandel unterworfen und bis zu einem gewissen Grad anpassungsfähig. Doch die Geschichte der Mainstream-Medien ist für Seeßlen und Metz im letzten halben Jahrhundert insgesamt eine Geschichte der „Ent-Intellektualisierung“.64 Von diesem Niedergang scheinen nun aber rechte Hefte, rechte PublizistInnen und mit ihnen die rechten Intellektuellen paradoxerweise zu profitieren, in dem sie ihr Nischendasein in eine Auszeichnung verkehren. Der reale Niedergang der Printöffentlichkeit ist immer auch ein erzählter Niedergang, den das neurechte Weltbild sich zunutze macht. Rechtskonservative Blogger, Youtube-Stars und Verlegerfiguren wie Götz Kubitschek einerseits, Zeitschriften und Zeitungen andererseits agieren geschickt auf dem transformierten Markt der Öffentlichkeit.
“Die Neue Rechte wurde in den letzten Jahren von der historischen und politischen Forschung stark vernachlässigt. Ein Versäumnis, das sich mitunter in fatalen Fehleinschätzungen über den aggressiven Charakter dieser Strömung rächt”, schreibt Volker Weiß in seiner Studie zur Autoritären Revolte. Für die Zeitschriften der Rechten scheint ähnliches zu gelten. Ein Großteil der mit Zeitschriften befassten Forschungsarbeiten interessiert sich vor allem für solche Printprodukte, die in ihrer ästhetischen Machart avanciert, in ihrer Produktionsweise atypisch und zudem oft in ihrer politischen Ausrichtung eher links zu verorten sind. Wir gehen aber davon aus, dass diese Selbsteinschränkung die Wahrnehmung des Phänomens Zeitschriften verzerrt. Nimmt man auch rechte Hefte in den Blick (ohne wiederum hier den Versuchungen einer in ihnen ausgestellten Intellektualität und Bedeutung zu erliegen), dann erscheinen Zeitschriften jedenfalls nicht mehr per se als Medien der Herstellung demokratischer Öffentlichkeit, sondern auch als Medien der Herstellung einer spezifisch rechten Gegen-Öffentlichkeit. Dieser geht es nicht um eine Erweiterung des gesellschaftlichen Diskussions- und Aushandlungsraums, der darauf zielen würde, die Gesellschaft pluralistischer oder inklusiver zu gestalten, sondern darum, eine am Ende immer auf Exklusion zielende Hegemoniebestrebung zu befördern, die letztlich zur Auflösung von Öffentlichkeit führt und historisch geführt hat.65 Dieser Befund bedeutet allerdings auch, Öffentlichkeit im Hinblick auf ihre medialen, sozialen und materiellen, nicht zuletzt ihre ökonomischen Einschlüsse und Ausschlüsse präziser zu bestimmen. Eine gesellschaftskritische Medien- und Öffentlichkeitsanalyse hat dazu in den 1960er und 1970er Jahren wichtige theoretische Ansätze geliefert, in deren Kontext auch zahlreiche praktische Versuche unternommen wurden, die bürgerliche Öffentlichkeit zu öffnen und zu demokratisieren.66
In ihrer Gesellschaftsanalyse verkürzt und nach rechts gewendet, begegnen Versatzstücke dieser Arbeiten uns heute als als Selbststilisierungen, Parolen oder Programme neurechter „Gegenkultur“ und „Alternativmedien“ wieder. Diese Analyseansätze angesichts der gegenwärtigen Transformationsprozesse der Öffentlichkeit zu aktualisieren, wäre dagegen die Aufgabe einer kritischen Forschung über Zeitschriftenpublizistik, die ihren Blick in diesem Sinne nach rechts erweitert. Die Hoffnung ist, dass mit einem solchen Ansatz sowohl ein genaueres Verständnis der Spezifik der Zeitschrift als Medium zu gewinnen ist, als auch umgekehrt rechte politische Projekte in ihrer Konstitution, ihren historischen Kontinuitäten und aktuellen Strategien besser verstanden werden können.
Compact versteht sich selbst als Bewegungsorgan. Zum Verhältnis von Compact und AfD und insbesondere der Förderung von dessen Bewegungsflügel siehe die Darstellung in Kilian Behrens u.a., Rechte Printmedien und die AfD, Teil 1, in: apabiz Magazine, 28.5.2018, online unter https://www.apabiz.de/2018/rechte-printmedien-und-die-afd-teil-1/ [zuletzt aufgerufen 29.5.2018].
Vgl. Volkmar Wölk, Pack schlägt sich, in: Analyse und Kritik, Nr 638, 15.5.2018, online unter: https://www.akweb.de/ak_s/ak638/26.htm, (zuletzt aufgerufen 29.5.2018).
Björn Höcke: Die Rede auf der COMPACT Konferenz, online unter https://www.youtube.com/watch?v=pmoaKkEwfU4 [zuletzt aufgerufen 29.5.2018].
Wolfert von Rahden: Alternative. Zur politischen Karriere eines Begriffs, in: Wörter aus der Fremde. Begriffsgeschichte als Übersetzungsgeschichte, hg.v. Falko Schmieder und Georg Toepfer, Berlin 2018, S. 23-30.
Rede vom 20.1.2018, https://www.youtube.com/watch?v=SjqdFggKRjw [zuletzt aufgerufen 29.5.2018].
Hannes Bajohr: Rechte reden lassen, in: ZEIT Online, 3.11.2017, online unter; http://www.zeit.de/kultur/2017-11/rechtspopulismus-marc-jongen-hannah-arendt-center/seite-3. Vgl. für eine Einordung und Einschätzung der Marx- und Marxismus-Bezugnahmen von Rechts Yves Müller: Marx von Rechts gelesen, https://www.marx200.org/blog/marx-von-rechts-gelesen [Zuletzt aufgerufen 31.5.2018]
Alain de Benoist: Vues de droite, Paris 1979; deutsch Kulturrevolution von rechts, Sinus, Krefeld 1985. Vgl. die Zeitschrift krisis im Jahr 1993 über die “wundersame Renaissance des Antonio Gramsci”: http://www.krisis.org/1993/die-wundersame-renaissance-des-antonio-gramsci/
Antonio Gramsci: Gefängnishefte. Band 2, Heft 3 § 49, Berlin 1991, S. 373f.
Thomas Wagner: Die Angstmacher. 1968 und die Neue Rechte, Berlin 2017, S. 64.
Alain de Benoist: Mein Leben. Wege eines Denkens, Berlin 2014 S. 146. Zitiert nach Wagner: Die Angstmacher, S. 64.
W.I. Lenin: Womit beginnen? (Mai 1901), in: Ders., Werke, Bd.5, S.6.
Lenin: Womit beginnen? (Mai 1901), S. 8.
Siegfried Jäger (Hg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin, Bonn 1988.
Peter Dudek und Hans-Gerd Jaschke: Die Deutsche National-Zeitung. Inhalte, Geschichte, Aktionen. Pressedienst Demokratische Initiative, München 1981.
Sigfried Jäger: Rechtsdruck – Druck von rechts, in: Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin, Bonn 1990, S. 7-9, hier S. 7.
Clemens Graefen, Ursula Kreft, Hans Uske: Kann die Rechte wieder hoffen? Die konservative ‘Wende’ und der Rechtsradikalismus, in: Siegfried Jäger (Hg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, S. 11-30, hier S. 26.
Manfred Jenke: Die nationale Rechte. Parteien – Politiker – Publizisten, Berlin 1967, S.163.
Im ersten Bundestag von 1949 waren drei Parteien vertreten, die in unterschiedlicher Couleur dem nationaloppositionellen Spektrum zugerechnet werden können: Deutsche Partei, Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei und Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung. Die sich offen in der Tradition der NSDAP verortende Sozialistische Reichspartei (SRP) wurde 1952 verboten.
Gideon Botsch: Die extreme Rechte in der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis heute, Bonn 2012, S. 35.
Jens Mecklenburg (Hg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 253. Uta Halle: Treibereien wie in der NS-Zeit. Kontinuitäten des Externsteine-Mythos nach 1945, in: Uwe Puschner u. G. Ulrich Großmann (Hg.): Völkisch und national. Zur Aktualität alter Denkmuster im 21. Jahrhundert, Darmstadt 2009, S. 195-213, 200f.
Dirk von Laak: ‘Persönlichkeit’ und ‘Charakter’. Ideengeschichtliche Elemente in den Grundkonstellationen der frühen Bundesrepublik, in: Schütz/Hohendahl: Solitäre und Netzwerker, S. 13-23, S. 17.
Ab 1969 verlieh das Kulturwerk einen “Schiller-Preis”, der neben dem ehemaligen Abteilungsleiter Geisteswissenschaften im „Amt Rosenberg“ und Verhaltensforscher Konrad Lorenz auch Herbert Böhme selbst verliehen wurde. Peter Dudek: Jugendliche Rechtsextremisten. zwischen Hakenkreuz und Odalsrune 1945 bis heute, Köln S. 80.
Siehe zur Archivfunktion von Zeitschriften allgemein Anna Häusler: Zeitschrift als Zeit-Schrift, in: Grundlagenforschung 1/2014, S. 93-106, online: http://1.grundlagenforschung.org/GF1_Haeussler_Wagner.pdf; außerdem Gustav Frank, Madleen Podewski und Stefan Scherer: Kultur – Zeit – Schrift. Literatur- und Kulturzeitschriften als ‚kleine Archive’, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 34 (2009) 2, S. 1-45.
Herbert Böhme, Offener Brief an alle meine Leserfreunde der Klütter Blätter, in: Beilage zu Klütter Blätter 4 (1953) 8/9, zitiert in Bernhard Fischer, Thomas Dietzel: Deutsche Literarische Zeitschriften 1945-1970. Ein Repertorium, Bd. 2, München et. al. 1992, S. 407.
Vgl. Peter Brooker, Andrew Thacker (Hg.): The Oxford Critical and Cultural History of Modernist Magazines, 3 Bde sowie Carlos Spoerhase: Kleine Magazine, große Hoffnungen, in: Merkur 5/2013, S. 72-79.
Markus Metz, Georg Seeßlen: Der Rechtsruck. Skizzen zu einer Theorie des politischen Kulturwandels, Berlin 2018, S. 30.
Gideon Botsch: Die extreme Rechte in der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis heute, Bonn 2012, S. 35; Jens Mecklenburg (Hg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 421.
Jens Mecklenburg (Hg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 422
Volker Weiß: Die autoritäre Revolte, S. 30f.
Vgl. Monika Krieg: Umschlagplatz für rechtes Denken: Nation Europa, in Siegfried Jäger (Hg.): Rechtsdruck, S. 147-166, hier S. 166.
Zur nationalrevolutionären Strömung in der BRD vgl. Benedikt Sepp: Linke Leute von rechts? Die nationalrevolutionäre Bewegung in der Bundesrepublik, Marburg 2014.
Dirk van Laak: Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der politischen Geschichte der frühen Bundesrepublik, Berlin 2002.
Erhard Schütz, Peter Uwe Hohendahl: Solitäre, Mittler und Netzwerker. Einleitende Vorbemerkungen, in: Dies. (Hg.): Solitäre und Netzwerker. Akteure des kulturpolitischen Konservatismus nach 1945 in den Westzonen Deutschlands, S. 9-12, hier S. 9. Zu diesen NetzwerkerInnen gehörten u.a. Egon Vietta, Gerhard Nebel, Armin Moher, mit Abstrichen Margret Boveri.
Zum Begriff “radikalkonservativ” vgl. Goschler, Radikalkonservative Intellektuelle in der frühen Bundesrepublik, in Erhard Schütz, Peter Uwe Hohendahl: Solitäre und Netzwerker, S. 23-33.
Für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff „konservative Revolution“ und die Infragestellung seiner (historiographischen und analytischen) Brauchbarkeit siehe Stefan Breuers Anatomie der konservativen Revolution, Darmstadt 1993.
Rainer Rutz: Alte Netze - neu gestrickt. Von der NS-Auslandspropaganda zur konservativen Nachkriegspresse: Die Netzwerker von Signal, in: Schütz, Hohendahl (Hg.): Solitäre und Netzwerker, S. 167-184, hier S. 167.
Vgl. Patrick Wöhrle, Stephan Hein: Arnold Gehlen: Moral und Hypermoral, in: Titelpaare. Stuttgart 2018, S. 143-146. Zur aktuellen Konjunktur des Begriffs Hypermoral, der Arnold Gehlens 1968 erschienen Buch Moral und Hypermoral entliehen ist, siehe Mark Siemons: »Hyper! Moral!« In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 27.1.2016 (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/arnold-gehlen-als-merkel-gegner-in-der-fluechtlingskrise-14030663.html)
Armin Mohler, Erstes Exposé zum Plan einer Monatszeitschrift in Zusammenhang mit dem Springer-Verlag, 12. Oktober 1966, in: Nachlass Armin Mohler, Deutsches Literaturarchiv Marbach, zitiert nach Darius Harwardt: „Die Gegenwehr muss organisiert werden – und zwar vor allem auch geistig“. Armin Mohler und Caspar von Schrenck-Notzing als Rechtsintellektuelle in der frühen Bundesrepublik, in: Ideengeschichte heute, hg. v. D. Timothy Goering, Bielefeld 2017, S. 119-149, hier S. 140.
Siehe um nur wenige zu nennen Moritz Neuffer: Arbeit am Material. Die Theorie-Dokumentationen der Zeitschrift alternative. Essay in der Reihe «Sonderdruck», Berlin 2017. Henning Marmulla: Enzensbergers Kursbuch. Eine Zeitschrift um 1968, Berlin 2011. Das aktuelle Forschungsprojekt des Historikers David Bebnowski zu den Zeitschriften Prokla und Das Argument sowie in diesem Eurozine Focal Point Katharina Lux Against the Violence of Positivity, https://www.eurozine.com/against-the-violence-of-positivity/
Moritz Neuffer, Morten Paul: Distanzgesten. Ein Gespräch über das Zeitschriftenmachen mit Ulrich Raulff und Wolfert von Rahden. In: Grundlagenforschung 1 (2014), S. 64-87, online: http://1.grundlagenforschung.org/GF1_Rahden_Raulff.pdf
Philipp Felsch: Der lange Sommer der Theorie. Geschichte einer Revolte, München 2015, S. 162ff.
Ausführlich zu Programmatik und wechselhafter Geschichte der Zeitschrift Tumult in den 1970er und 1980er Jahren. Philipp Goll, Moritz Neuffer, Morten Paul: Alternative Republik Tumult. In: Kultur & Gespenster 20 [Erscheint im Herbst 2018]
Vgl. Jana König: „Falsche Wege und neue Anfänge“: Die Bedeutung von Theorie in Zeiten linker Krisen – im Kontext von „Deutscher Herbst“ und „Wiedervereinigung“, in: Arbeit Bewegung Geschichte. Zeitschrift für historische Studien Heft 2018/II, S. 88-104.
Wagner, Die Angstmacher. S. 185.
Tim Caspar Boehme: Schlechte Zeiten für Machtausübung. In: taz. Die Tageszeitung, 27.8.2014, S. 16, ( http://www.taz.de/!304969/)
Heribert Seifert: „Angriff auf den neuen Konformismus. In: Neue Züricher Zeitung vom 3.10.2015 (https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/angriff-auf-den-neuen-konformismus-1.18623456).
Werner Olles: »Konsensstörung«. In: Junge Freiheit vom 19.4.2013.
„Die Gleichschaltung von heute – das ist die neue Form der Offenheit selbst.“ „Die Vierteljahresschrift: Motive der Gründung“ (http://www.tumult-magazine.net/uebertumult/)
Vgl. Clément Sauvage: Die inszenierte Gegenöffentlichkeit der Neuen Rechten. Anmerkungen zur Zeitschrift Tumult, in: Undercurrents März 2017 (https://undercurrentsforum.com/2017/03/14/clement-sauvage-die-inszenierte-gegenoeffentlichkeit-der-neuen-rechten-anmerkungen-zur-zeitschrift-tumult/)
Walter Seitter: Strukturalistische Stichpunkte zur Politik. In: Das Schillern der Revolte, Berlin 1979: „Auch der Solitär ist ein Prüfstein für Politik.“ S. 85.
Diedrich Diederichsen, Spirituelle Reaktionäre und völkische Vernunftkritiker. In: Ders. Freiheit macht arm. Das Leben nach dem Rock’n’Roll 1990-1993, Köln 1993. Vgl. auch Goll, Neuffer, Paul: Alternative Republik Tumult.
Frank Böckelmann: Völkerfusswanderung 2015? Zur aktuellen Ausgabe. In: Tumult Winter 2015/2016, S. 6
Ebenfalls ohne abschließende Antwort auf diese Frage bleibt der mit zahlreichen O-Tönen ausgestattete Radiobeitrag von Markus Metz und Georg Seeßlen „Renegaten, Konvertiten, Überläufer“, der am 17.4.2018 im Deutschlandfunk in der Reihe Herd. Heimat. Hass. Über die Verlockungen rechten Denkens gesendet wurde. (http://www.deutschlandfunk.de/herd-heimat-hass-ueber-die-verlockungen-rechten-denkens-2-4.1247.de.html?dram:article_id=412433)
„Dokumentiert ist diese Annährung schon 1998“. Thomas Wagner: Die Angstmacher S. 184.
Vgl. noch einmal knapp zusammengestellt: Volkmar Wölk: „Das Schillern der Revolte“ im „Tumult“. In: Der Rechte Rand, Ausgabe 162/September 2016 (http://www.der-rechte-rand.de/archive/1609/das-schillern-der-revolte-im-tumult/).
Böckelmann selbst sieht im Bezug auf seine Biographie keinen schlichten Seitenwechsel (von Links nach Rechts), sondern mehr eine grundlegende Veränderung im Weltbezug: „All diese Formen, die sie als Achtundsechziger ausprobiert hätten, seien von Anfang an von Austauschbarkeit und Beliebigkeit angefressen gewesen“, resümiert Wagner Böckelmann. (Wagner: Die Angstmacher, S. 182) So setzt Böckelmann nun zunehmend auf die Bedeutung der kulturellen Überlieferung und der historischen Herkunft als Verbindlichkeit stiftende Instanzen.
Behrens u.a., Rechte Printmedien und die AfD, Teil 1
Wagner: Die Angstmacher,S. 101
Wölk: Pack schlägt sich, https://www.akweb.de/ak_s/ak638/26.htm
Die Erklärung wurde vielfach politisch zurückgewiesen, aber auch im Hinblick auf ihren Sachgehalt kritisiert. Denn die Behauptung einer illegalen Masseneinwanderung entspricht selbst für den Höhepunkt der Grenzübertritte durch Asylsuchende im Sommer 2015 nicht den Tatsachen. Die Behauptung diene, so der Jurist Daniel Thym in einer Darstellung der Rechtslage, folglich vor allem dazu „die Politik generell zu delegitimieren“. Daniel Thym: Der Rechtsbruch Mythos und wie man ihn widerlegt. In: Verafassungsblog 2018 online auf: https://verfassungsblog.de/der-rechtsbruch-mythos-und-wie-man-ihn-widerlegt/
Wölk: Pack schlägt sich, https://www.akweb.de/ak_s/ak638/26.htm
Nagel, Kill All Normies, S. 45
Wölk, Pack schlägt sich, https://www.akweb.de/ak_s/ak638/26.htm
Metz, Seeßlen: Der Rechtsruck, S. 212.
„Bei allen Widersprüchen innerhalb des rechten Projekts herrscht in den Grundzügen Einigkeit: Alle Strömungen folgen der Ideologie der Ungleichheit. Ob für das Kollektiv (vor allem bei der völkischen Strömung) oder das Individuum (insbesondere bei den Nationalneoliberalen), für alle gilt die Überlegenheit des Stärkeren gegenüber dem Schwachen.“ Sebastian Friedrich, Bernd Linke: Reaktionär, rassistisch, rechts. Die Entwicklung der Alternative für Deutschland (AFD) in Sachsen-Anhalt und Stendal, Mai 2018 https://www.rosalux.de/publikation/id/38891/
Zu einer kritischen Analyse des Konzepts Öffentlichkeit selbst, sei hier nur verwiesen auf die bereits in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen maßgeblichen Arbeiten von Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchung zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Berlin 1971 und Alexander Kluge, Oskar Negt: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit. Werkausgabe Band 4 2016. Für eine neuere historische Studie zur Entstehung der positiven Konnotation des Begriffs Diskussion siehe Nina Verheyen Diskussionslust. Eine Kulturgeschichte des „besseren Arguments“ in Westdeutschland, Göttingen 2010.
Published 7 November 2018
Original in German
First published by Arbeitskreis für Kulturwissenschaftliche Zeitschriftenforschung
Contributed by Arbeitskreis für Kulturwissenschaftliche Zeitschriftenforschung © Morten Paul / Moritz Neuffer / Arbeitskreis für Kulturwissenschaftliche Zeitschriftenforschung / Eurozine
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