"Emanzipation mit Bomben und Pistolen"?

Feministinnen und Terroristinnen in deutschsprachigen Sicherheitsdiskursen der 1970er Jahre

Zu Beginn der 1970er Jahren wurde ausgehend von Behörden, Wissenschaftern und Medien in der Bundesrepublik Deutschland um den Linksterrorismus ein Sicherheitsdiskurs etabliert, der Terrorismus und Feminismus verknüpfte und damit die Ende der 1960er Jahre entstandene neue Frauenbewegung und ihre politischen Anliegen diskreditierte. Die mediale Fokussierung auf die Frauen der RAF und der Bewegung 2. Juni sowie die Interpretation des Terrorismus als Ausdruck einer fehlgeleiteten Frauenemanzipation verorteten das Phänomen des Linksterrorismus insgesamt in einer hochgradig “vergeschlechtlichten” Weise: Denn als zentrale Dimension lässt sich die Thematisierung und Inszenierung einer Grenzziehung zwischen hegemonialem und abweichendem Verhalten von Frauen festmachen. Nachfolgend werde ich darstellen, dass Terrorismus – als politisch motivierte Gewaltanwendung von nicht-staatlichen Akteurinnen und Akteuren – auch als kommunikativer Akt zu verstehen ist und die medialen Verknüpfungen zwischen Terrorismus und Feminismus in den 1970er Jahren erläutern. Anhand einer Auswertung der deutschsprachigen, überregional bedeutenden feministischen Zeitschriften “AUF”, “Courage”, “Die Schwarze Botin” und “Emma”1 analysiere ich, wie Feministinnen zu diesen Sicherheitsdiskursen Stellung nahmen und an welchen Punkten sie sich vom Linksterrorismus distanzierten.

Terrorismus als vergeschlechtlichte Kommunikationsstrategie

Die normative Setzung, TäterInnen und Taten als “terroristisch” zu klassifizieren, ist immer in einem vergeschlechtlichten politischen Szenario der öffentlichen Auseinandersetzungen mit politischen GegnerInnen zu sehen, in dem politisch motivierte Gewalttaten von nicht-staatlichen AkteurInnen in einem Sicherheitsdiskurs verortet werden.2 Diese mediale Inszenierung und Dramatisierung des “Terrorismus” ist aber nicht nur auf Seiten anti-terroristischer Sicherheitsdiskurse des Staates und der Medien zentral, die antagonistische Beziehungen zwischen einer “terroristischen Bedrohung” und der Inneren Sicherheit herstellen, sondern sie ist dem Phänomen Terrorismus inhärent. Terrorismus ist als “Kommunikationsstrategie”3 zu verstehen, denn terroristische Gewalttaten zielen nicht bloß auf die jeweiligen Opfer, sondern sind vielmehr in erster Linie darauf angelegt, dass via medialer Wahrnehmung und Deutung dieser Anschläge das Vertrauen der BürgerInnen in den Staat und seine Schutzfunktion untergraben wird.

Eine Analyse der gesellschaftlichen Deutungsprozesse und der medialen Wahrnehmung von Terrorismus ist daher für die Terrorismusforschung unumgänglich, und es ist als gravierendes Forschungsdefizit zu bezeichnen, dass der Gender-Aspekt noch nicht breiter aufgegriffen wurde, denn die Deutungsprozesse waren und sind immer hochgradig vergeschlechtlicht. Dass Gender als analytisches Instrument in der doch zahlreich vorliegenden Sekundärliteratur zum Linksterrorismus der 1970er Jahre nur randständig eingesetzt wurde,4 verwundert um so mehr, als in den 1970ern dieser Linksterrorismus von den Behörden und Massenmedien in der Bundesrepublik Deutschland als Resultat der Emanzipationsbestrebungen der Neuen Frauenbewegung vorgestellt und inszeniert wurde. Während in den 1970er Jahren eine Vergeschlechtlichung des Linksterrorismus in der BRD und in Österreich über angstbesetzte, aggressive Frauenbilder (Hexen, Amazonen, Flintenweiber, pervertierte Feministinnen, grausame Terror-Mädchen) erfolgte, geschah das in der Terrorismusdiskussion zu 9/11 – in den USA und Westeuropa – über eine “zu beschützende Weiblichkeit”5 und war damit viel mehr auch an Männerbildern ausgerichtet. Sicherheitsdiskurse nach 9/11 machten sich nicht mehr an bedrohlichen Frauen fest, sondern inszenieren bedrohte Frauen, die von westlichen Männern vor rückständigen, islamischen Männern beschützt werden müssten. Die Legitimationsstrategien für einen Krieg gegen den Terrorismus und sogenannte “Schurkenstaaten” bauten zentral auf die Darstellung des Weiblichen und eine Verteidigung von (westlichen) Frauenrechten. So wurde etwa behauptet, der Krieg gegen die Taliban werde nicht nur als Krieg gegen den Terrorismus, sondern auch als Krieg zur Verteidigung der Frauenrechte (Entschleierung, Bildung für Frauen etc.) geführt. Diesen Sicherheitsdiskursen nach 9/11 lagen – wie Hanno Balz und Tanja Maier schreiben – “essentialistische Setzungen von weiblicher Schutzbedürftigkeit sowie von einem komplementären männlichen Heldentum zugrunde”.6 Während der politische Hintergrund der vergeschlechtlichten Deutungen für den 1970er-Linksterrorismus in der BRD eine radikale Infragestellung der Geschlechterverhältnisse durch die Frauenbewegung und die politischen Erfolge des Feminismus waren, könnten die Beschützer-Narrative, die in der Folge von 9/11 dominierten, auch eine Krise der Männlichkeiten und der nationalstaatlichen Sicherungssysteme widerspiegeln.

Gerade weil seit “1968” die Geschlechterverhältnisse und die hegemonialen Repräsentationsformen von Frauen von Feministinnen mit Erfolg in Frage gestellt worden waren, wurden die weiblichen Mitglieder von RAF und der Bewegung 2. Juni, die sich als gleichberechtigte, revolutionäre Stadtguerilla-Kämpferinnen verstanden, in den Mainstream-Medien als besondere Bedrohung des konservativen Wertekanons rezipiert.

In den Zeitschriften und Zeitungen der 1970er Jahre hießen die RAF-Frauen “Horrormädchen”, “Ulrike Meinhofs grausame Mädchen”, es war die Rede von “phallischen Frauen”, von “Amazonen”, von “Weibergewalt”, von “weiblichen Supermännern” und “Flintenweibern”.7 Der Chef des Deutschen Verfassungsschutzes Günther Nollau sah im Phänomen der Terroristinnen einen “Exzess der Befreiung der Frau”8 und das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” hatte die Terroristinnen in Verdacht, “die dunkle Seite der Bewegung für volle Gleichberechtigung” zu sein.9 Der Verfassungsschützer Hans Josef Horchem sah in den Terroristinnen “das Ergebnis einer explosiven Emanzipation”,10 Werner Kahl meinte in der Tageszeitung “Die Welt” es handle sich um: “Emanzipation mit Bomben und Pistolen”.11

Eine historische Analyse von Phänomenen, die als “terroristisch” eingestuft wurden, kann nicht umhin, sich eingehend mit den Diskursen zu befassen, die diesen “Terrorismus” benennen und hervorbringen. In der diskursiven Auseinandersetzung über den Terrorismus lässt sich vor allem eine “allgemeine Verständigung über gesellschaftliche Werte”12 wiederfinden, das heißt diese Diskurse verhandeln die Grenzziehung zwischen den so genannten “Feinden der Gesellschaft” und den hegemonialen Normen und damit immer auch Geschlechterverhältnisse und vergeschlechtlichte Normierungen. Die Verhandlungen über legitime und illegitime Gewalt, die die Öffentlichkeit in den 1970er Jahren beschäftigte, sind verknüpft mit dem Abstecken von männlichen und weiblichen Feldern und auch mit der öffentlichen Auseinandersetzung darüber, “wie Frauenemanzipation auszusehen habe”.13

Mediale Verknüpfungen von Terrorismus und Feminismus

Einerseits wurde das Leben von Frauen im Untergrund als Emanzipationserfahrung präsentiert, andererseits wurde die Gleichung aufgestellt, dass feministisches Aufbegehren gegen patriarchale Strukturen der eigentliche politische Hintergrund für den Terrorismus sei und Terroristinnen eine pervertierte, exzessive Emanzipation verkörperten. Beide Verknüpfungen intendierten, Zielsetzungen und Akteurinnen der Frauenbewegung zu diskreditieren und zwangen den in den 1970er Jahren neu gegründeten feministischen Zeitschriften eine Diskussion auf, sich gegenüber den Terroristinnen zu positionieren.

Die These von der Emanzipation im Untergrund hatte “Der Spiegel” bereits 1972 lanciert, als anlässlich der Verhaftung von Andreas Baader die ehemalige Kurzzeit-Terroristin Beate Sturm zum Geschlechterverhältnis in der RAF interviewt wurde. Die Physikstudentin brachte in Interviews ein durchaus romantisches Verständnis von der Gleichberechtigung der Geschlechter im Untergrund zum Ausdruck.14 Diese Erinnerungen einer “Randfigur”15 an ihre kurze Zeit in der Illegalität, damals das einzige Beispiel eines solchen Frauenberichts, wurden in Richtung Emanzipation im Untergrund gedeutet, und auch 1977 im “Spiegel” wieder zitiert, um die These der “pervertierten” Emanzipation im Untergrund, die von einer erklecklichen Anzahl von “Terrorismus-Experten” vertreten wurde, auch durch die Erinnerungen einer Aktivistin zu belegen:

An Mutmaßungen über die Motive, aus denen Mädchen-Militanz erwächst, mangelt es nicht. […] Ergiebiger mutet ein Erklärungsversuch des Psychoanalytikers Friedrich Hacker an: Nur mit der Waffe in der Hand, dem klassischen Symbol der Männlichkeit und nur mit besonderer Härte hätten die weiblichen Gruppenmitglieder die Vorstellung verwirklichen können, “gänzlich emanzipierte Frauen” zu sein. Sie produzierten sich, meint Soziologe Scheuch, als “weibliche Supermänner”. Die Knarre im Kosmetikkoffer – derlei markiere mithin den endgültigen “Bruch mit der abgelehnten Weiblichkeit” (Scheuch). Tatsächlich war etwa für die RAF-Ideologin Ulrike Meinhof eines der bekämpfenswerten Prinzipien in der westlichen Gesellschaft die “Spaltung des Volkes in Männer und Frauen”. Und romantisches Amazonen-Verständnis von der Waffengleichheit der Geschlechter im Untergrund bezeugt auch Beate Sturm, das einstige BM-Mädchen: “Eines fand ich damals Klasse – dass man als Frau wirklich emanzipiert war, dass man manche Sachen einfach besser konnte als die Männer. Wir haben uns einfach stärker gefühlt.”16

Mediale Verflechtungen von Terrorismus und Geschlecht wurden von Anbeginn in den neuen feministischen Zeitschriften kritisch diskutiert und nicht zuletzt war der 1978 von Susanne von Paczensky herausgegebene Sammelband “Frauen und Terror”17 ein Versuch, feministische Gegenpositionen zu den sexistischen Pseudoerklärungen für das Phänomen Terroristinnen zu finden.

Von den Fahndungsplakaten blicken die glatten Mädchengesichter, doch ihre Verfolger und ihre Erforscher und selbst ihre Verteidiger sind Männer. Natürlich haben sie auch gleich die patriarchalischen Erklärungen parat – die uralte Angst vor starken Frauen findet hier ein willkommenes Ventil. So wurde die Frage nach den Ursachen, den Beweggründen, gleich in den ersten Wochen zügig beantwortet: Frauen gehören ins Haus, dann richten sie nichts an!18

Nach einer Blütenlese von Highlights an sexistischen Deutungen durch bundesdeutsche PolitikerInnen und Wissenschafter, die dem Sammelband “Frauen und Terror” vorangestellt ist, kritisierte die Herausgeberin unter anderem eine Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung, in der sich all die Vorurteile über straffällig gewordene Frauen fanden, die in den Medien – von “Spiegel” bis “Bild” – öffentlichkeitswirksam propagiert wurden. In dem mit Steuermitteln finanzierten und zum Zwecke der politischen Bildung gratis verteilten Buch “Terrorismus”19 wurden Terroristinnen als Bruch in der bisherigen Kriminalgeschichte präsentiert und argumentiert, dass kriminelle Frauen bisher nur eine ganz marginale Rolle gespielt hätten und nur dazu benutzt worden wären, um geraubtes Gut unter ihren Röcken zu verstecken, während die Terroristinnen der 1970er Jahre “phallische Frauen” seien, die wie Männer agierten und einen “scharfen Konkurrenzkampf” mit Männern austragen würden.20 Dass solche sexistischen Deutungen des Terrorismus bei feministischen Frauen Unbehagen und Ängste auslösten, mit der Kritik an den Terroristinnen werde jede Art von Emanzipationsbewegung diskreditiert, kann nicht verwundern. Susanne von Paczensky fasste ihre Gefühle in folgende Worte:

Ich fühle mich getroffen. Wenn der Kampf gegen Terrorismus unversehens zum Kampf gegen Emanzipation ausartet, wenn die weiblichen Verdächtigen nicht nur wegen ihrer Straftaten, sondern darüber hinaus als unbotmäßige Frauen verfolgt und gebrandmarkt werden, dann richten sich diese Verfolgungen auch gegen mich und mein Bemühen um Veränderung.21

“Der Baader-Meinhof-Report”, der von namentlich nicht genannten Autoren zum Bundestagswahlkampf 1972 verfasst worden war und Akten des Bundeskriminalamtes, der Sonderkommission Bonn und des Verfassungsschutzes beinhaltete, “vertrat eine besonders aggressive Variante der Emanzipationstheorie” und kann auch “als bemerkenswertes Zeugnis konservativer Verstörung angesichts der Herausforderungen traditioneller Geschlechterverhältnisse durch die ’68er’ und die neue Frauenbewegung” gelesen werden.22 Die weiblichen Mitglieder der RAF wurden darin hochoffiziell als “Killer-Girls”23 tituliert, den Terroristinnen “starke Emanzipationslust”24 unterstellt, die Kinderläden der 1968er-Bewegung als “Krippe der Linksradikalen und späteren Terroristen”25 identifiziert und im Dokumentenanhang des Buchs findet sich eine “Analyse eines Kriminalkommissars” zum Aktionsrat zur Befreiung der Frauen,26 um noch einmal – quasi aktenbelegt – emanzipierte Frauen und die antiautoritäre Kindererziehung als Wurzeln des Terrorismus festzumachen. Das später unzählige Male wieder abgedruckte Statement von Beate Sturm zum Geschlechterverhältnis in der RAF – “Eines fand ich damals Klasse! Dass man als Frau wirklich emanzipiert war […]”27 – wurde ausführlich zitiert, um mit dem Gewicht einer Zeitzeugin die These zu belegen, dass Frauenemanzipation in den Terrorismus führe.

Eine noch über die Verknüpfung von Feminismus und Terrorismus hinausgehende, diffamierende Zuschreibung lautete: lesbisch/feministisch/terroristisch. Etabliert von offiziellen Deutungen zum Terrorismus wie dem “Baader-Meinhof-Report”, der festhielt, dass die Mehrzahl der Terroristinnen “lesbisch oder bi-sexuell veranlagt”28 sei, und von der Boulevardpresse in unzähligen Artikeln mit oder ohne Bezug auf Experten reproduziert, wurde damit eine diskriminierte Minderheit von (feministischen) Frauen ins Zentrum von Sicherheitsdiskursen gerückt und normative Setzungen zur Sexualität zu einem Hauptbestandteil des terroristischen Szenarios aufgebaut.

Die Gleichung von Lesben = Feministinnen = Terroristinnen war 1976 anlässlich des Ausbruchs von Inge Viett, Juliane Plambeck, Gabriele Rollnick und Monika Berberich aus dem Westberliner Gefängnis Lehrterstraße von der Berliner Ausgabe der “Bild”-Zeitung aufgestellt worden, die am 9. Juli 1976 mit der Schlagzeile: “Terror-Mädchen. Ausbruch, weil sie lesbisch sind?”29 vergeschlechtlichte Markierungen in der Terrorismuswahrnehmung gesetzt hatte. Die Frauenzeitschrift “Courage” kommentierte im September 1976 diese Berichterstattung folgendermaßen: “Der Gefängnisausbruch wurde zum Anlass genommen, allen Frauen, die aus traditionellen Rollen ausbrechen, eins auszuwischen. Selbstbewusstsein, Intelligenz, Aggressivität und Lesbischsein – daran sollen sie zu erkennen sein – die “Terroristinnen”, so die Berliner Tagespresse.”30

Margarete Mitscherlich31 analysierte die diskursiven Verknüpfungen von Terrorismus und Frauenbewegung im Sinne einer Sündenbocktheorie für eine von gesellschaftlichen Veränderungsprozessen verunsicherte Gesellschaft: Für das Faktum, dass “Töchter aus wohlsituierten, gutbürgerlichen Familien, Frauen eines Milieus, von denen man gewohnt gewesen war, dass sie sich besonders gut anzupassen wussten” zu Terroristinnen wurden und – wie in den Medien vermittelt wurde – den geschlechts- und milieuspezifischen Verhaltenskodex hinter sich gelassen hätten, habe man in der Frauenbewegung einen “Sündenbock” gefunden.32

Die Terroristinnen fielen aus dem Rahmen des bisher vorhersagbaren weiblichen Verhaltens so weitgehend heraus, dass dem offenbar nur mit Hass oder Hilflosigkeit begegnet werden konnte. […] Wenn in einer solchen gesellschaftlichen und psychischen Situation, in der Veränderungen offenbar bevorstehen, Frauen an terroristischen Aktionen in prozentuell hoher Zahl teilnehmen und in der Tat zu morden beginnen, ist das für viele die Bekräftigung dafür, dass die Frauenbewegung eine gefährliche Entwicklung eingeleitet hat. Eigene aus Angst geborene Zerstörungswünsche, den um Selbständigkeit ringenden Frauen gegenüber, werden dann auf diese projiziert. Eine Hexenverfolgung des 20. Jahrhunderts liegt nahe.33

Die sexuell aufgeladene Bezeichnung “Terror-Mädchen”, womit den so bezeichneten RAF-Frauen der Status einer erwachsenen Frau abgesprochen wurde und man sie gleichzeitig im diskursiven Umfeld von Kommunen und Sexwelle verortete, trat Anfang der 1970er Jahre in den bundesdeutschen Qualitäts- und Boulevardzeitungen auf und war bis 1977 für die weiblichen Mitglieder von RAF und Bewegung 2. Juni charakteristisch. Gesellschaftlicher Hintergrund der auf sexuelle Verfügbarkeit reduzierten Projektionsfigur “Mädchen”/”APO-Mädchen” war die “Sexwelle”, mit der in der Boulevardpresse ein neues Frauenbild als Opposition zum Bild der Hausfrau und Mutter entworfen wurde.34 Ein so ambivalenter Begriff wie “Terror-Mädchen”, der sexuelle Verfügbarkeit/Unterwerfung, aber zugleich auch Macht über Männer und tödliche Militanz signalisierte, war eine besonders geeignete Projektionsfläche für verunsicherte Männer, die von der Neuen Frauenbewegung und den gesellschaftspolitischen Veränderungen irritiert und überfordert waren.

Frauenszenen und TerroristInnenfahndung

Die Praktiken der terroristischen Selbstinszenierung der TäterInnen (Guerilla-Krieg der RAF gegen den “faschistischen” Staat) können in gesellschaftlichen Diskussions- und Deutungsprozessen aufgegriffen oder zurückgewiesen werden. Im Falle des deutschen Linksterrorismus in den 1970er Jahren, der dem Staat “den Krieg erklärte”, um einem angeblich drohenden neuen Faschismus in Deutschland entgegenzuwirken und den weltweiten Imperialismus zu bekämpfen, wurde diese Deutungsperspektive einer “Kriegsführung” der Roten Armee Fraktion in den Diskursen der gesellschaftlichen Eliten, der Medien und der Bevölkerung der BRD weitgehend übernommen, und bis 1978 widersetzten sich nur sehr wenige Personen der Deutung eines innenpolitischen, sozialen Konflikts als Kriegs- oder Bürgerkriegsgeschehen.35

In diesem rigorosen Freund-Feind-Schema und unter den erlebten oder befürchteten Schikanen der TerroristInnenfahndung sahen viele Feministinnen die gerade erst erkämpften Freiräume für Frauen und feministische Projekte von Praktiken und Diskursen der “Inneren Sicherheit” bedroht. In sicherheitspolitischen Krisen – seien sie nun real erlebte oder diskursiv erzeugte – verfestigt sich generell die bipolare hierarchische Geschlechterordnung und eine Analyse der Kampf- und Kriegsszenarien zeigt deutlich, dass diese Sicherheitsdiskurse die gesamte Gesellschaft erfassten.

Die mediale Verknüpfung von Feminismus und Terrorismus und die Inszenierung von mordenden Frauen stellten die Frauenbewegung insgesamt als Sicherheitsrisiko dar und richteten sich gegen Frauen, die nicht den hegemonialen Normierungen entsprachen. Die Texte, die im August 1977 im “Spiegel” zu “Terroristinnen. Frauen und Gewalt” erschienen waren, interpretierte die österreichische feministische Zeitschrift “AUF” “als eine direkte Aufforderung zur Gewalt gegen Frauen. Zu noch mehr Gewalt gegen Frauen. Der Terrorismus als fast ausschließlich weibliches Phänomen. Terrorismus ist identisch mit den jungen Frauen. D.h. mit den Emanzipierten. Emanzipation = Terrorismus.”36

Die gegen Frauen gerichteten Schikanen bei der Terroristenfahndung in der BRD nahmen breiten Raum in den Frauenzeitschriften ein. “Die fahndenden Blicke, sie treffen uns zuallererst. Frauen, zu zweien, zu mehreren, allein – wir alle sind verdächtig. Jede von uns eine Terroristin gegen die Normalität. Was lange schon vielen unangenehm auffiel, unsere Kleidung, die bequem ist, unser aufrechter Gang und die offenen Augen sind zum Tatverdacht geworden”,37 schreibt Monika Schmid im Dezember 1977 in der “Courage”. Die Etikettierung “Terrorismus” war eine Grenzziehung, die sowohl in einer politischen Auseinandersetzung, wie auch im Alltag funktionierte. Dass Feministinnen, die am “Brüsseler Tribunal” “Gewalt gegen Frauen” teilnahmen, in der Wiener Tageszeitung “Kurier” als “Meinhof-Typen” bezeichnet wurden,38 war eine logische Konsequenz der vergeschlechtlichten Interpretation von Terrorismus; dass Jeans von Wiener Universitätsprofessoren als “blödes Terroristengwandl”39 abgelehnt wurden, belegt, wie allgegenwärtig diese diskursiven Praktiken auch im Alltag waren.

Im Text “Rückzug der Frauenbewegung”, der 1978 in der “Courage” erschien, wurde ein enger Konnex zwischen Terroristenbekämpfung und Verhalten der Frauenbewegung hergestellt. Aggressives oder selbstbewusstes Auftreten von Frauen bringe sie in die “Terroristinnenecke”.40 Die Wiener Schriftstellerin Elfriede Gerstl berichtete in der österreichischen Zeitschrift “Neues Forum” aus der Berliner Frauenszene und traf sich mit Frauen des Lesbischen Aktionszentrums, um auszuloten, wie Lesben mit dem Vorwurf umgingen, Lesbischsein führe in den Terrorismus. Eva, eine der interviewten Lesben, sprach über die Konsequenzen, die die Berichterstattung über Terroristinnen hatte: “Was mir zu denken gibt, ist die Sache mit dem Terrorismus. Man liest immer öfter, dass das Lesbischsein als Ursache für den Terrorismus genannt wird. Die Lokale und die Treffpunkte, wo wir hingehen, werden observiert, und es breitet sich bei uns große Angst aus.”41 Die Zwischenüberschrift im “Neuen Forum” “Terror-Lesben?” zeigt deutlich, dass auch sich kritisch gebende linke Zeitschriften brutal mit dem Klischee spielten.

Emanzipiert Terrorismus?

Die These von der Emanzipation in der Illegalität und die diskursiven Verknüpfungen von Feminismus und Terrorismus verlangten auch feministische Antworten und zwangen die Frauenbewegung, sich mit dem Phänomen Terrorismus zu befassen. Anders als in Italien, wo viele der Linksterroristinnen der 1970er Jahre einen feministischen Hintergrund hatten, waren die führenden Frauen der RAF und der Bewegung 2. Juni – mit Ausnahme von Ulrike Meinhof, die als Journalistin Geschlechterverhältnisse thematisiert hatte – nicht als Feministinnen in Erscheinung getreten. In den feministischen Publikationen wurde die Frage einer partiellen Zustimmung zu den Inhalten der RAF – nicht zu ihren Methoden, die als politische Sackgassenstrategie durchwegs abgelehnt wurden – ausschließlich an Meinhof abgehandelt, deren Vergangenheit als bekannte Publizistin und Radiojournalistin genügend Anknüpfungspunkte bot, um auf ihr frauenspezifisches Engagement hinzuweisen. Es ist sicherlich richtig, festzuhalten, dass die Diskussion “Frauen und Terrorismus” der Frauenbewegung “aufgezwungen” wurde,42 trotzdem aber lässt eine Durchsicht der wichtigsten deutschsprachigen feministischen Zeitschriften erkennen, dass sich Feministinnen durchaus mit dieser Thematik befassten und die vergeschlechtlichten Sicherheitsdiskurse nicht bloß ignorierten, sondern zurückwiesen und Gegenpositionen dazu formulierten.43

Alice Schwarzer verwehrte sich in einem Leitartikel in der “Emma” im Oktober 1977 dagegen, dass Terroristinnen “gleichgesetzt oder doch zumindest in die Nähe gerückt werden von Feministinnen – um so den gesamten Frauenkampf diffamieren zu können”.44 Sie stellte die These von der Emanzipation in der Illegalität aber nicht prinzipiell in Frage, sondern argumentierte damit, dass Frauen so sehr unterdrückt seien, dass selbst die Illegalität als befreiend empfunden werde: “Gibt eine solche Aussage der Presse zu denken? Stellt sie sich deswegen Fragen in Bezug auf die weibliche Rolle, die so eng ist, dass das Leben im Untergrund der BRD 77 als befreiend empfunden wird? Nein: Sie benutzt sie nur mit einem Ziel: zur Diffamierung der Emanzipationsbewegung! Dabei ist es eines der Ziele gerade der Frauenbewegung, dass alle Frauen sich eines Tages auch in der Legalität frei fühlen können.”45 Ein halbes Jahr später fragte “Emma” am Titelblatt “Emanzipiert Terror?” und diesmal war die Antwort ganz klar: Nein. Im Unterschied zu Schwarzer argumentierte die Juristin und Psychologin Margarete Fabricius-Brand, dass das Handeln der Terroristinnen “nicht als gleichberechtigt oder emanzipiert bezeichnet werden [kann]”: weil das Leben im Untergrund die gesellschaftlichen Lebensrealitäten für Frauen ausblende, sei es nur “Ausdruck missverstandener Emanzipation”. Terroristinnen entsprächen “voll dem Bild der unemanzipierten Frau”,46 weil die typisch weiblichen Eigenschaften “Selbstverleugnung und Selbstaufgabe” auch im terroristischen Untergrund zum Einsatz kämen.47 Fabricius-Brands Analyse der Terroristinnen setzte nicht bei den Personen an, denen doch von einigen Feministinnen eine Art Verehrung für konsequenten Widerstand entgegengebracht wurde, sondern argumentierte mit den zentralen Inhalten feministischer Politik gegen Terrorismus: das Kenntlichmachen von “privaten” Konflikten als politisch, die Methoden der Selbsterfahrung und der Artikulierung eigener Interessen und Bedürfnisse konnten nicht mit einem hierarchischen Kollektiv im Untergrundkampf zusammengebracht werden. “Die RAF-Ideologie löste den Widerspruch zwischen Privatem und Politischem ganz anders: Sie ließ nichts außerhalb des Kampfes, außerhalb des Kollektivs mehr zu.” So charakterisierte Lissi Klaus in einem Rückblick auf die “Frauen in der RAF” 1988 die Politik geschlechtsloser Revolutionäre in der Stadtguerilla.48

Das machistische Gehabe von Andreas Baader,49 über das in den Medien ausführlich berichtet worden war, war für Feministinnen inakzeptabel und wenn sie die veröffentlichten Zitate einer internen Kommunikation zwischen Baader und den führenden Frauen der RAF ernst nahmen, dann musste die Distanzierung von den männlichen Terroristen um einiges deutlicher ausfallen als die von Terroristinnen. Dass Terroristen keine “neuen Männer” waren, diskutierte die Frauenbewegung seit der Verhaftung Baaders 1972, als Beate Sturm mit Aussagen über die Binnenstruktur der ersten Generation der RAF und über Baaders autoritäres Gebärden informiert hatte.50 Im Juni 1977 nahm Alice Schwarzer sowohl die Anti-Terror-Hetze kritisch unter die Lupe: “Der RAF-Krimi soll uns ablenken von unseren Sorgen um Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit, fehlende Kindergärten, Inflation und Unterbezahlung”51 – als auch die RAF selbst:

Und selbst wenn ein Machtwechsel durch eine bewaffnete Auseinandersetzung möglich wäre – wer wären die neuen Herren? Woher hätten sie ihr neues Bewusstsein? Den neuen Menschen, den kann man nicht mit der Waffe erzwingen – und den braucht¹s für die neue Gesellschaft. Beunruhigend ist, gerade bei der RAF-Ideologie, auch der offen wütende Männlichkeitswahn: die technische und brutale Sprache (Frau gleich “Fotze”), der Mythos von der “Knarre in der Hand” (eine Reaktion auf die Gewalt der Gegenseite) und ein gewisser Zynismus im Umgang mit Menschen.52

Generell darf für die feministischen Kreise eine Distanz zu den männlichen Führungspersonen der RAF vorausgesetzt werden. Männliche Terroristen wurden in den feministischen Zeitschriften selten erwähnt und wenn, dann nur in negativen Zusammenhängen: Sexistisches Verhalten, Verlassen der eigenen Kinder und Hausfrauisierung der linken Frauen wurde als Kritik an ihnen vorgebracht.

Marina Cattaruzzi – eine italienische Feministin und Historikerin, die als Terroristin gesucht worden war, weil sie Lebensgefährtin eines Terroristen gewesen war,53 stellte eine interessante frauenpolitische Argumentation vor, die nicht auf individuelles Verhalten und essentialistische Geschlechterkonstrukte im Zuge der Neuen Mütterlichkeit aufbaute, sondern bei der Kriegs- und Kampfrhetorik ansetzte und danach fragte, wie sich der bewaffnete Kampf auf das Geschlechterverhältnis in der Linken auswirkte. Sie analysierte in der “AUF”, wie italienische linke Frauen im Zuge der Terror-Hysterie gezähmt wurden.54 Cattaruzzi war in der Kampagne “Lohn für Hausarbeit” aktiv und sah in den Sicherheitsdiskursen und im Terrorismus selbst vor allem den Aspekt einer Hausfrauisierung der radikalen Frauen.

Aber nicht nur der Staat zwingt die Frauen in ihre traditionelle Rolle zurück, sondern auch der ‘bewaffnete Kampf’ selbst. Die Perspektive des Bürgerkriegs zur Übernahme der Macht, die von einem Teil der Männer-Linken in Italien praktiziert wird, stellt erhöhte Anforderungen an unbezahlte Arbeit und verringert de facto das Ausmaß an Autonomie für alle Frauen.55

In den 1990er Jahren wurde das Thema “emanzipiert der Kampf in der Illegalität” noch einmal aufgeworfen. Der Großteil der Memoiren-Literatur von ehemaligen TerroristInnen ignoriert das Geschlechterverhältnis, doch für die linke Öffentlichkeit schien das Thema von Relevanz zu sein. Erinnerungen von Birgit Hogefeld, die 1993 inhaftiert wurde, und von Inge Viett, die in der DDR untergetaucht und danach von 1990 bis 1997 in Haft war, setzten die Diskussion der 1970er Jahre fort. Hogefeld meinte, die RAF habe so getan, als wären durch die Entscheidung, in den Untergrund zu gehen, bereits neue Menschen entstanden.

Das führte zu Behauptungen, dass in der Guerilla die Rollenverteilungen zwischen Frauen und Männern und alle daraus resultierenden Widersprüche und Probleme durch den gemeinsamen Kampf aufgehoben und gelöst wären. Das ist natürlich Quatsch. Gerade in dieser Frage waren Frauen aus Zusammenhängen der Frauenbewegung sehr viel weiter. Für uns dagegen war diese Problematik lange nur einer der vielen “Nebenwidersprüche”.56

Konträr dazu lagen die lebensgeschichtlichen Narrative von Inge Viett, einem führenden Mitglied der Bewegung 2. Juni. Sie griff in ihren Memoiren und in Interviews Topoi einer positiv besetzten Frauenmilitanz auf und charakterisierte die Terroristen als unfähige und schwache Männer.57

Faszination und Abgrenzung: Diskussionen in deutschsprachigen feministischen Zeitschriften

Gewaltbereiter Aktionismus war in den 1970er Jahren keineswegs das Massenphänomen, als das es heute – vermittelt durch die Konjunktur der Forschungen zur RAF und der Ästhetisierung einer “Prada Meinhof”58-Erinnerungskultur – wahrgenommen wird. Nur eine verschwindend kleine Zahl von linken Aktivistinnen und Aktivisten waren bereit, sich in einen terroristischen Kampf verwickeln zu lassen, und viele fragten, “ob die Aktivitäten der RAF nicht dazu benutzt wurden, öffentliche Meinungsäußerungen jenseits eines eng definierten Spielraums zu unterdrücken”.59 Trotz des bei RAF und Polizei vorherrschenden Freund-Feind-Schemas und der von beiden Seiten benützten Kriegsrhetorik, trotz gesetzlicher Maßnahmen wie Notstandsgesetze (1968),60 die eine Einschränkung bürgerlicher Rechte im Fall von inneren Unruhen vorsahen, und der politischen Überprüfung der Beamtinnen und Beamten durch den so genannten Radikalen- oder Extremistenerlass 197261 in der BRD führten die linken und feministischen Subkulturen in ihren Zeitschriften eine politische Auseinandersetzung mit den TerroristInnen, und nahmen unbeeindruckt von Terrorismus-Hysterie und staatlicher Repression inhaltliche Grenzziehungen vor.

Während “Emma” unter der Leitung von Alice Schwarzer in den 1970er Jahren ein sehr kritisches Verhältnis zu den Terroristinnen hatte, ist der zweiten überregional bedeutenden westdeutschen feministischen Zeitschrift “Courage” eine gewisse Schwärmerei besonders für Ulrike Meinhof nicht abzusprechen. “Courage” würdigte Meinhof als bedeutendste Frau seit Rosa Luxemburg,62 dergleichen war in der “Emma” nicht zu lesen. Ulrike Meinhofs Text über die Isolationsfolter wurde in der “Emma” 1989 erstmals abgedruckt, als das Magazin über den Prozess gegen die feministische Journalistin Ingrid Strobl berichtete, die wegen Unterstützung der terroristischen Organisation Rote Zora, verhaftet worden war.63 Die “Courage” brachte in den 1970er Jahren mehrfach Reprints von Meinhofs Texten, berichtete laufend über Frauen, die als Terroristinnen inhaftiert waren oder vor Gericht standen und informierte über die Unterstützungsaktionen der Roten Hilfe.

Sibylle Plogstedt64 – selbst ein Opfer der deutschen “Sympathisanten”-Bekämpfung, die wegen Zweifel an ihrer Verfassungstreue ihre Universitätsanstellung verloren hatte – würdigte Ulrike Meinhof in der “Courage” als Frau, die sich gewehrt habe.65 “Die Schlüsse, die sie gezogen hat, mögen falsch gewesen sein. Aber sie hat sie gezogen. Hat sich gewehrt im Gegensatz zu so vielen. Als Frau. Hat nicht lamentiert darüber, wie schlecht es Frauen geht. Hat aufgezeigt, dass Frauen handeln. Hat Handeln gelebt. Unter Bedingungen wie keine von uns. Darum haben wir sie geliebt.”66 Das war in der “Courage” im Juni 1976 zu lesen. Die Zeitschrift berichtet auch darüber, dass 50 Frauen nach dem Tod von Ulrike Meinhof vor dem Berliner Frauengefängnis Lehrterstraße protestierten, meinte es gäbe Hinweise darauf, dass Meinhof nicht Selbstmord begangen habe, und vermutete, Ulrike Meinhof sei vor ihrer Ermordung vergewaltigt worden.67

Mit dem Grundsatz einer Politik der “Neuen Mütterlichkeit” war eine theoretische Basis postuliert worden, die es Feministinnen erlaubte, den Staat als durchwegs von männlich Macht geprägt abzulehnen und einen essentialistischen Frauenstandpunkt zu vertreten. Übertragen auf die Auseinandersetzung mit Sicherheitsdiskursen im “Deutschen Herbst” hieß es in der “Courage” in einem im Dezember 1977 abgedruckten “Aufruf an alle Frauen zur Erfindung des Glücks”:

Die Mütter, die Töchter, die Frauen dieses Landes verlangen, aus der Nation, die nur Unglück hervorbringt, entlassen zu werden. […] Wir sagen uns hiermit feierlich los von einer Rechtsgemeinschaft, mit der wir noch nie gemeint waren und die uns immer höchst gemein behandelt hat! Wir erklären weiterhin, dass wir nicht bereit sind, beim Totentanz mitzumachen oder zuzuschauen.

Frauen wurden aufgefordert, Widerstand gegen die männliche Machtlogik zu formieren:

Hört, wir verkünden hiermit folgende große Wahrheiten: Die Macht lässt sich nicht erschießen. Die Gegenmacht lässt sich nicht erschießen. Erschießen kann man nur Menschen. Da Menschenerschießen nicht sehr moralisch ist, leugnen die Schützen auf beiden Seiten, dass das, was da erschossen wird, Menschen sind. Das ist die Logik der gegenseitigen Ausrottung. Das ist die präzise Logik der Macht.68

Der Text “Stammheim und Bonn”69 kritisierte aus einer Position der Mütterlichkeit linke und rechte Männer als Funktionärskader, die sich ihrer Verantwortung für ihre Kinder entzogen hätten. Die “Courage”-Reporterin fordert eine Hinwendung zu mütterlicher Politik und eine Abkehr von jeder Solidarität mit machistischen Männer – seien sie nun im BKA oder in der RAF:

Dort in Bonn und Stammheim befinden sich die ‘Befreiten’, die Männer, die sich nämlich kurzerhand ihrer Kinder entledigten, Funktionärsmanier, Kadermanier. Um sich in der Entfernung, im Abseits, ‘unabhängig’ zu organisieren. Unverbunden. Isoliert. Unkritisiert. Sie haben nämlich Kinder, auch Baader, Ensslin, Meinhof. Und die Linke schweigt sie tot. Das ist Unterstützung der RAF. Das ist falsche, linke Solidarität, und da beginnt unser Kampf. Sie haben Kinder!70

Terroristen und Terroristinnen als Väter und Mütter anzusprechen, kam in der linken und feministischen Presse, einem Tabubruch gleich. Während die Boulevardmedien immer wieder darauf hinwiesen, dass Meinhof und Ensslin ihre Kinder zurückgelassen hatten, und dieses Faktum dazu benützten, die These einer verfehlten “pervertierte” Emanzipation von Frauen zu unterstreichen, wurden die Kinder der RAF-Frauen in den feministischen Medien generell nicht thematisiert.

Der “Courage”-Artikel “Stammheim und Bonn” wurde von der radikal feministischen Berliner Frauenzeitung “Die Schwarze Botin”71 unter dem Titel “Eine Mutter reist nach Stammheim” verrissen, als einer “der schlimmsten Fehlgriffe, die unter dem Banner der neuen Weiblichkeit publiziert wurden”.72 Das Plädoyer gegen die Kommandozentralen der Macht BKA und RAF wurde als macht- und frauenpolitisch verfehlt angesehen und die vermeintlich selbstverständliche “mütterliche” Identität als Analysebasis hinterfragt. “Hier sind wir bei einer Konstruktion, die als herrschendes Bewusstsein tagtäglich in die Köpfe hineindiktiert werden soll: Krieg zettelt der an, der sich gegen die Macht setzt als Gegengewalt. Das will uns glauben machen, wir hätten vordem Frieden gehabt.”73 Die “Schwarze Botin” kritisierte die RAF ebenfalls, aber aus einer Foucaultschen Position heraus: “Die RAF hat die Macht noch einmal als eine lokalisierbare behauptet, und deren Angriffspunkte, Orte bestimmt, die es zu besetzen/zu sprengen gelte.”74

Insgesamt waren die Texte zu Terroristinnen in “Die Schwarze Botin” zwischen Schwärmerei und kritischer Distanz angesiedelt. Die elitär und intellektuell ausgerichtete Zeitschrift aus der autonomen Frauenszene in Berlin, die wie “Emma” und “Courage” überregionale Bedeutung hatte, druckte ausführlich Übersetzungen von Texten aus der französischen Frauenbewegung, die teils eine völlig unkritische, romantische Heldinnenverehrung für die deutschen Terroristinnen zum Ausdruck brachten, distanzierte sich aber von den Inhalten.75

Bis Ende 1977 gab es in der österreichischen “AUF”, der 1974 von der Aktion Unabhängiger Frauen gegründeten ersten deutschsprachigen feministischen Zeitschrift, keine Auseinandersetzung mit deutschen Linksterroristinnen, es gab allerdings Diskussionen über Gewalt, die Strategie des Guerillakampfes76 und zahlreiche Berichte zu militanten Aktionen österreichischer Feministinnen. Im Text “Terrorismus in der BRD” vom Dezember 1977 ärgerte sich die Autorin Gretchen “über den Wirbel, den sie um einen Mann wie Ponto machen”, während Gewalt gegen Frauen als Selbstverständlichkeit hingenommen wird. “Aber dagegen, dass alle Viertel Stunde eine Frau in der Bundesrepublik vergewaltigt wird, dagegen tun sie nichts.”77 Die “AUF” stellte die Opferzahlen des deutschen Terrorismus – Ponto war das 19. Opfer – den alltäglichen Gewaltverbrechen an Frauen und Mädchen gegenüber:78

19 Terroristenopfer – 19 zuviel – aber wie viele Sexualmorde an Frauen in der Bundesrepublik seit ihrem Bestehen? Bestimmt mehr als 19. Von ‘einfachen’ Vergewaltigungen einmal ganz abgesehen […] Ich finde es Schwachsinn und politisch blödsinnig, Drenkmänner, Bubacks oder Pontos zu ermorden. Ich habe auch keine Lust, jemanden zu ermorden. Aber Mitleid habe ich nicht. Sie mussten nicht ihr Leben lang Angst vor Vergewaltigung haben bez.[iehungsweise] mit dem Trauma einer vergangenen Vergewaltigung leben.79

Der politischen Auseinandersetzung mit Gewalt gegen Frauen, einem der Hauptthemen der Neuen Frauenbewegung, galt das vom 4. bis 8. März 1976 von autonomen Frauengruppen organisierte internationale Tribunal zu “Gewalt gegen Frauen” in Brüssel.80 Annie Cohen forderte in “Ich träume, dass ich töte”81 revolutionäre Gewalt von Frauen als ultima ratio in einer zerstörerischen Männergesellschaft:

Doch die Gewalt der Frauen, wo wird sie anerkannt? Wer wagt es, sie zu fordern? Wer wagt es, sie zu gebrauchen? Wann werden wir, auch wir, alle jene, die uns seit Beginn der Zeiten schlagen, demütigen, ausbeuten, verraten, isolieren, prostituieren und töten, selber auslöschen und vernichten? Warum soll revolutionäre Gewalt die Domäne der revolutionären Männer sein? […] Wann werden wir das Problem des Krieges und des aktiven Kampfes aufwerfen? […] Warum machen Frauen statt Kriegserklärungen nur Liebeserklärungen? Worin besteht diese unendliche Angst, die uns zurückhält, unseren Feind klar zu erkennen und zu vernichten?82

Das Redaktionskollektiv der “AUF” äußerte Verständnis für den Mut, “unsere Wut nach außen zu richten”, distanzierte sich aber von der Gewaltverherrlichung: “Wir als Redaktion möchten dem aber hinzufügen, dass es letztlich nicht unser Ziel ist, den Kreislauf der Gewalt fortzusetzen, sondern ihn zu verlassen und aufzuheben.”83

Gewalt gegen Frauen wurde in der Frauenbewegung im Rahmen eines allumfassenden Konzepts verstanden, es handelte sich um sexuelle Gewalt (Prostitution, Pornographie, Lesbendiskriminierung), physische Gewalt gegen Frauen (Frauenmorde, Vergewaltigung, Misshandlung, Gewalt gegen Frauen in der Psychiatrie), “medizinische Gewalt” (Abtreibung, Geburtstechniken, Gynäkologie), und “wirtschaftliche und rechtliche Gewalt” (Gratis Hausarbeit, Unterbezahlung, Arbeitslosigkeit, Berufsverbote, Familienrecht, Diskriminierung von Minderheitengruppen), um Gewalt, die gegen Frauen in der ’Dritten Welt¹ ausgeübt wurde und auch um “politische Gefangene”.84

Frauen in Haft war ein Thema für die gesamte Frauenbewegung, “AUF” und “Courage” brachten Berichte über inhaftierte Frauen, hierbei waren die Haftbedingungen in Stammheim ein Subthema. Auch die “2. Sommeruniversität für Frauen”, die vom 3. bis 8. Oktober 1977 in Berlin abgehalten wurde, behandelte das Thema “Frauenarbeit mit weiblichen Gefangenen”. “Emma” griff diese Thematik erst später, Ende der 1980er Jahre auf und bezeichnete die “Kinds- und Gattenmörderinnen” als “unsere politischen Gefangenen, die politischen Gefangenen des Patriarchats”: “Denn diese Frauen sind Opfer eines Systems, das sie unter allen Umständen zur Mutterliebe oder zur sexuellen Verfügbarkeit zwingen will.”85

Zusammenfassung

Die überwältigende Mehrheit der Neuen Linken und der Feministinnen in der BRD und Österreich hielten Gewaltanwendung und Leben in der Illegalität für falsche politische Strategien. Da aber die mediale Darstellung des Linksterrorismus ganz zentral an die Thematik der Frauenemanzipation gebunden war, erfolgte auch in den feministischen Medien eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Terroristinnen. Gewaltanwendung wurde in den Frauenzeitschriften “Emma”, “Courage”, “AUF”, “Die Schwarze Botin” diskutiert, doch die Grenzziehung zu terroristischen Aktionen gegen Menschen stand innerhalb des breiten Spektrums der feministischen Bewegungen nicht zur Disposition. Der Vielfalt der feministischen Bewegungen in der BRD und Österreich entsprach es, dass die Abgrenzung von Inhalten und Methoden des Linksterrorismus auf sehr unterschiedliche Weise erfolgte, einig waren sich die Autorinnen der hier untersuchten feministischen Zeitschriften in der Zurückweisung der hegemonialen Diskurse, die mit der Verknüpfung von Feminismus/Lesbianismus/Terrorismus darauf abzielten, die Intentionen der Neuen Frauenbewegung als “gefährlich” zu diskreditieren und zu delegitimieren. Dass für den deutschen Linksterrorismus Frauenemanzipation ein “Nebenwiderspruch” war und damit kein politisches Thema, zeigen die Schriften und die Aussagen von ehemaligen Terroristinnen. Dass das Thema Frauenemanzipation in der öffentlichen Wahrnehmung des Terrorismus der 1970er Jahre so präsent war, ist nicht auf Schriften oder Taten der RAF, sondern auf vergeschlechtlichte Sicherheitsdiskurse zurückzuführen, die mit Beginn der 1970er Jahre von Publikationen und Stellungnahmen der Behörden der BRD etabliert worden waren und von den Medien aufgenommen wurden. Im Unterschied zur militanten Frauengruppe Rote Zora – einer Abspaltung von den Revolutionären Zellen – die sich als feministische Gruppe verstand und in den 1980er Jahren ihre Aktionen im politischen Feld der Geschlechterpolitik (etwa gegen Gentechnik oder gegen Sextourismus) setzte, war der Konnex zwischen den Terroristinnen der 1970er Jahre und der Frauenbewegung ein von außen herangetragener.

Die in Wien seit 1972 tätige Aktion unabhängiger Frauen begründet die erste deutschsprachige feministische Zeitschrift "AUF", die überregionales Diskussionsforum für feministische Politik ist; vgl. dazu die Selbstdarstellung unter http://auf-einefrauenzeitschrift.at/wersindwir.php; auch: Brigitte Geiger u. Hanna Hacker, AUF! Die Anfänge der Neuen Frauenbewegung in Wien, in: Bärbel Danneberg Hg., Die 68er. Eine Generation und ihr Erbe, Wien 1998, 215-221. "Courage", eine Zeitschrift der autonomen Frauenbewegung, erschien von Juni 1976 bis 1984 in Berlin, online unter http://library.fes.de/courage. Die radikal feministische Zeitschrift "Die Schwarze Botin" erschien von 1976 bis 1987. "Emma" wurde 1977 von Alice Schwarzer auf den Markt gebracht und ist bis heute ein kommerziell erfolgreiches Projekt. Vgl. Britta Cacioppo, Eva Geber u. Carina Nekolny, AUF -- Eine (Erfolgs)Story. Vom Flugblatt zur Zeitschrift, in: Lea Susemichel Hg., Feministische Medien. Öffentlichkeiten jenseits des Malestream, Königstein 2008, 55-63; Catherine Ley, Katrin Locker u. Gregor J. Rehmer, "Courage", "Emma" und "Die schwarze Botin". Einigkeit in Differenz? In: Die Philosophin, 16, 32 (2005), 43-58.

Vgl. Dominique Grisard, Im Schatten Petras. "Terrorismus", "Geschlecht" und "Nation" in Schweizerischen Printmedien der 1970er-Jahre, in: Claudia Opitz, Brigitte Studer u. Jakob Tanner Hg., Kriminalisieren -- Entkriminalisieren -- Normalisieren, Zürich 2006, 369-383; dies., Das Geschlecht des Terroristen. Analyse eines Gerichtsurteils aus der Schweiz der 1970er Jahre, in: dies. u. a. Hg., Gender in Motion. Die Konstruktion von Geschlecht in Raum und Erzählung, Frankfurt a. M. 2007, 176-195; dies., Selbststilisierungen einer inhaftierten Terroristin. Arbeit am Terrorismusdiskurs in der Schweiz der 1970er Jahre, in: Christine Künzel u. Gaby Temme Hg., Täterinnen und/oder Opfer? Frauen in Gewaltstrukturen, Münster 2007, 124-140; Irmgard Schultz, Der "Fall" Monika Haas. Die sprachliche Erzeugung einer Top-Terroristin und Super-Agentin, in: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis, 18, 40 (1995), 61-72.

Peter Waldmann, Provokation der Macht, München 1998 (Neuaufl. 2005); vgl. Klaus Weinhauer, Terrorismus und Kommunikation: Forschungsstand und -perspektiven zum bundesdeutschen Linksterrorismus der 1970er Jahre, in: Nicole Colin u. a. Hg., Der "Deutsche Herbst" und die RAF in Politik, Medien und Kunst. Nationale und internationale Perspektiven, Bielefeld 2008, 109-123.

Vgl. Gisela Diewald-Kerkmann, Bewaffnete Frauen im Untergrund. Zum Anteil von Frauen in der RAF und der Bewegung 2. Juni, in: Wolfgang Kraushaar Hg., Die RAF und der linke Terrorismus, Bd. 1, Hamburg 2006, 657-675; dies., "Verführt" -- "abhängig" -- "fanatisch": Erklärungsmuster von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten für den Weg in die Illegalität -- Das Beispiel der RAF und der Bewegung 2. Juni (1971-1973), in: Klaus Weinhauer, Jörg Requate u. Heinz-Gerhard Haupt Hg., Terrorismus in der Bundesrepublik. Medien, Staat und Subkulturen in den 1970er Jahren, Frankfurt a. M. 2006, 217-243; Schraut, Terrorismus und Geschlecht, in: Künzel/Temme, Täterinnen, wie Anm. 3, 105-123.

Hanno Balz u. Tanja Maier, Konventionen der Sichtbarkeit, Medien, Geschlechterkonstruktionen und die Ideologie des "Krieges gegen den Terror", in: Stefan Jaeger u. Christer Petersen Hg., Zeichen des Krieges in Literatur, Film und den Medien, Bd. 2: Ideologisierungen und Entideologisierungen, Kiel 2006, 13-34, 18; vgl. Iris Marion Young, Feminist Reactions to the Contemporary Security Regime, in: femina politica, 2 (2002), 79-87; Tanja Maier u. Stefanie Stegmann, Unter dem Schleier. Zur Instrumentalisierung von Weiblichkeit: Mediale Repräsentationen im Krieg gegen den Terror, in: Feministische Studien, 1 (2003), 48-57.

Balz/Maier, Konventionen, wie Anm. 6, 19. Zu unterscheiden ist zwischen der medialen Inszenierung der bedrohten Frauen in einem "Krieg gegen den Terror" und dem tatsächlichen Verhalten von Terroristinnen. Seit den 1990er Jahren sind Frauen in allen islamischen Gruppen auch als Terroristinnen aktiv. Doch palästinensische Selbstmordattentäterinnen, die der Hisbollah angehören, oder die so genannten "Schwarzen Witwen" in Tschetschenien veränderten die öffentliche Wahrnehmung des Phänomens kaum. Denn die mediale Inszenierung des islamischen Terrorismus durch Mainstream-Medien in den USA und Westeuropa ist in einem essentialistisch gedachten Konflikt zwischen der westlichen Welt und dem Islam angesiedelt und in dieser Auseinandersetzung nehmen Frauenbilder -- islamische Frauen, die generell unterdrückt seien und von den eigenen rückständigen Männern bedroht würden -- eine zentrale Rolle ein.

Für eine ausführliche Analyse der Mainstream-Medien der BRD vgl. Hanno Balz, Von Terroristen, Sympathisanten und dem starken Staat. Die öffentliche Debatte über die RAF in den 1970er Jahren, Frankfurt a. M. 2008. Eine Untersuchung der Medien der linken Subkulturen und der feministischen Medien steht noch aus. Erste Befunde für die feministischen Zeitschriften vgl. Irene Bandhauer-Schöffmann, "Pervertierte Emanzipation?" Die Auseinandersetzung der Frauenbewegung mit den Terroristinnen der 1970er Jahre, in: Ingrid Böhler u. Rolf Steiniger Hg., Zeitgeschichtetag 2008, Innsbruck 2009 (in Vorbereitung).

Ausbruch in Berlin. Das ist eine Riesensache, in: Der Spiegel, 29, 12. 7. 1976, 17-26.

Auf dem Titelblatt: Die Terroristinnen. Frauen und Gewalt, in: Der Spiegel, 33, 8. 8. 1977.

Werner Kahl, Die Meinhof: Daß sie uns nicht kriegen, gehört zum Erfolg der Geschichte, Teil 1, in: Die Welt, 15. 5. 1976, 5.

Werner Kahl, Emanzipation mit Bomben und Pistolen, in: Die Welt, 17. 5. 1976, 6.

Balz, Terroristen, wie Anm. 8, 11.

Helga Cremer-Schäfer, Gewaltige Moral-Panik, in: Hans-Martin Lohmann Hg., Extremismus der Mitte. Vom rechten Verständnis deutscher Nation, Frankfurt a. M. 1994, 226-231.

Man kann nur zurückbrüllen, in: Der Spiegel, 7, 7. 2. 1972, 57-63.

Eine Auflistung der Personen der Baader-Meinhof-Gruppe verzeichnete Beate Sturm, damals 21 Jahre alt, als Randfigur, vgl. Der Spiegel, 24, 5. 6. 1972, 28.

Im Untergrund: "Etwas Irrationales", in: Der Spiegel, 33, 8. 8. 1977, 22-33, 25.

Susanne von Paczensky Hg., Frauen und Terror. Versuche, die Beteiligung von Frauen an Gewalttaten zu erklären, Reinbek b. Hamburg 1978.

Vorwort der Herausgeberin, in: Paczensky, Frauen, wie Anm. 18, 9-12, 9.

Manfred Funke Hg., Terrorismus. Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1977.

Vorwort der Herausgeberin, in: Paczensky, Frauen, wie Anm. 18, 10.

Paczensky, Frauen, wie Anm. 18, 11.

Petra Terhoeven, "Der Tod und das Mädchen". Linksterrorismus im Visier der italienischen und deutschen Öffentlichkeit, in: Ute Schneider u. Lutz Raphael Hg. unter Mitarbeit von Sonja Hillerich, Dimensionen der Moderne. Festschrift für Christof Dipper, Frankfurt a. M. 2008, 437-456, 441.

Der Baader-Meinhof-Report. Dokumente -- Analysen -- Zusammenhänge. Aus den Akten des Bundeskriminalamtes, der "Sonderkommission, Bonn" und dem Bundesamt für Verfassungsschutz, Mainz 1972, 76.

Baader-Meinhof-Report, wie Anm. 24, 99.

Baader-Meinhof-Report, wie Anm. 24, 76, ähnl. 79.

Baader-Meinhof-Report, wie Anm. 24, 225-230.

Baader-Meinhof-Report, wie Anm. 24, 99.

Baader-Meinhof-Report, wie Anm. 24, 17.

Zit. nach Fahndung nach Frauen, in: Courage, 1, 1 (1976), 9.

Fahndung, wie Anm. 30, 9.

Die neunzigjährige Margarete Mitscherlich gab die These der emanzipierten Terroristinnen in einem Interview 2008 noch einmal zum Besten: "Ich hatte später den einen oder anderen der Studentenführer in Behandlung. Da kam auch heraus, dass die Frauen damals diesen Männern sehr ergeben waren. Sie kochten Kaffee und befriedigten ihre Bedürfnisse. Erst die Terroristinnen der RAF hatten -- wie bekannt -- etwas zu sagen. Aber die sahen absolut an der Realität vorbei." Bis 1968 waren wir ja blind und taub, in: Der Standard, 5. 4. 2008, online unter http://diestandard.at/fs/1207285227674.

Margarete Mitscherlich-Nielsen, Hexen oder Märtyrer?, in: Paczensky, Frauen, wie Anm. 18, 13-23, 14.

Mitscherlich-Nielsen, Hexen, wie Anm. 33.

Waltraud Cornelissen, Traditionelle Rollenmuster. Frauen und Männerbilder in den westdeutschen Medien, in: Gisela Helwig u. Hildegard Maria Nickel Hg., Frauen in Deutschland 1945-1992, Bonn 1993, 53-69.

Andreas Musolff, Terrorismus im öffentlichen Diskurs der BRD: Seine Deutung als Kriegsgeschehen und die Folgen, in: Weinhauer/Requate/Haupt, Terrorismus, wie Anm. 5, 302-319.

Gretchen, Terrorismus in der BRD. Assoziationen, in: AUF, 13 (1977), 16ff, 18.

Monika Schmid, Tag, Susanne, in: Courage, 2, 2 (1977), 12f, 12.

Sebastian Leitner im Kurier, zit. nach Neues Forum, 23, 269/270 (1976), 53.

Cornelia Frey, Er und Sie. Ein altes Spiel, in: Neues Forum, 26, 301/302 (1979), 54ff, 55. Wenn die Sekretärin an der Wiener Technischen Universität Jeans trägt, heißt es: "Geh, zieh doch das blöde Terroristengwandl aus!"

Rückzug der Frauenbewegung? Von Uschi Weghorn und die AG "Gewalt gegen Frauen" im FZ Frankfurt, in: Courage, 3, 6 (1978), 57.

Elfriede Gerstl, Schwarze Botinnen. Frauenbewegung in Westberlin. Ein Report, in: Neues Forum, 26, 301/302 (1979), 43-47, 47.

Lissi Klaus, Die Frauen in der RAF, in: Kristine von Soden Hg., Der große Unterschied. Die neue Frauenbewegung und die siebziger Jahre. Bilderlesebuch, Berlin 1988, 129-133, 133. Dass die RAF-Frauen, aber auch Leila Khaled, Mitglied der Volksfront zur Befreiung Palästinas, in dem Bilderlesebuch über die Frauenbewegung behandelt wurden, zeigt dass die Thematik keineswegs marginal war.

Ute Krätzel, die einen Rückblick auf die Terroristinnen aus feministischer Sicht verfasste, meinte, ein großer Teil der Frauenbewegung habe die Verknüpfungen von Feminismus und Terrorismus einfach ignoriert; vgl. Ute Krätzel, "Die Mädchen fielen aus der Rolle", in: Die Tageszeitung (TAZ), 25./26. 10. 1997.

Alice Schwarzer, Terroristinnen, Editorial, in: Emma, 10 (1977), 5.

Schwarzer, Terroristinnen, wie Anm. 45.

Margarete Fabricius -Brand, Wie emanzipiert sind Terroristinnen?, in: Emma, 4 (1978), 27ff, 27.

Die in "Emma" publizierten Thesen zu den unemanzipierten Terroristinnen hatte Fabricius-Brand auch im Sammelband "Frauen und Terror" publiziert. Hier hieß es: "Das Handeln der Terroristinnen ist als radikalste Form von Interessenverleugnung und damit als Fehlen jeglicher Emanzipation zu begreifen." Margarete Fabricius-Brand, Frauen in der Isolation, in: Paczensky, Frauen, wie Anm. 18, 55-67, 62.

Klaus, Frauen in der RAF, wie Anm. 43, 132.

Für eine kritische Auseinandersetzung mit Männern und Männlichkeit in der RAF vgl. Harald Uetz, "Schwein oder Mensch". Die Männer der RAF aus Sicht einer kritischen Männerforschung, Marburg 1999.

"Kommen Sie raus, Ihre Chance ist null", Spiegel, 24, 5. 6. 1972, 19-32, 22. "Und der Bandenchef kujonierte auch die Damen, wenn er sie brüllend zurecht wies: 'Ihr Votzen, eure Emanzipation besteht darin, dass ihr eure Männer anschreit' (so die Erinnerung Beate Sturms), oder wenn er sie mit dem Charme des Untergrunds mit Liebeserklärungen umwarb: 'Wann können wir wieder ficken?' -- so in einem Brief an seine Favoritin Gudrun Ensslin, die 'eine glückliche Ehe mit ihm führte' (Beate Sturm)."

Alice Schwarzer, Versagt haben wir, Editorial, in: Emma, 6 (1977).

Schwarzer, Versagt, wie Anm. 52.

Marina Cattaruzzi wurde Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande vorgeworfen, im Juni 1980 wurde die Anklage schließlich fallen gelassen.

Marina Cattaruzzi, Vom direkten und indirekten Terror gegen Frauen in Italien, in: AUF, 26 (1980), 28f.

Cattaruzzi, Terror, wie Anm. 55, 29.

Wir brauchen endlich eine Diskussion über Werte, in: TAZ, 16. 7. 1994, 12f, 13.

Inge Viett, Nie war ich furchtloser, Hamburg 1999; Ulrike Helwerth u. Jürgen Salm, Vom bewaffneten Widerstand ins DDR-Exil. Für mich waren es nicht nur Parolen, in: Die Wochenzeitung, 14, 4. 4. 1997, 9f, 9. Die Reporter der "Wochenzeitung", die Viett im April 1997 zur Frage "War der bewaffnete Kampf für euch ein Emanzipationsprogramm?" interviewten, waren mit der Darstellung der Männer in der RAF nicht ganz zufrieden. "Bis auf wenige Ausnahmen schilderst du sie entweder als Verräter, Schwächlinge, Sozialfälle oder Aufschneider und Großmäuler." Viett antwortete: "Das ist leider auch so gewesen."

Der Begriff "Prada Meinhof" wurde 1999 bei einer Ausstellung im Londoner Institute of Contemporary Art durch das britische Designer Duo Scott-King Ltd. kreiert; vgl. Rolf Sachse, Prada Meinhof. Die RAF als Marke. Ein Versuch in politischer Ikonologie, in: Wolfgang Kraushaar Hg., Die RAF und der linke Terrorismus, Bd. 2, Hamburg 2006, 1260-1269, 1260.

Belinda Davis, Jenseits von Terror und Rückzug: Die Suche nach politischem Spielraum und Strategien im Westdeutschland der siebziger Jahre, in: Weinhauer/Requate/Haupt, Terrorismus, wie Anm. 5, 154-185, 155.

Mit dem 17. Gesetz zur Ergänzung des "Grundgesetzes" beschloss der Bundestag am 30. 5. 1968 eine Notstandsverfassung, durch die nicht nur im Verteidigungsfall oder bei Katastrophen, sondern auch bei inneren Unruhen Grundgesetze außer Kraft gesetzt werden konnten (wie das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) sowie der Einsatz der Bundeswehr und des "Bundesgrenzschutzes" erlaubt war. Die Diskussionen, die der Verabschiedung des Gesetzes voran gingen, polarisierten die Öffentlichkeit, und die Studentenbewegung sah sich in ihrer politischen Einschätzung bestätigt, dass die Demokratie in der BRD gefährdet sei.

Im Januar 1972 beschlossen die Regierungschefs der deutschen Länder "Grundsätze über die Mitgliedschaft von Beamten in extremen Organisationen", die eine politische Überprüfung der deutschen BeamtInnen vorsahen. Hintergrund dieses sog. "Radikalen- oder Extremistenerlasses" -- der einem Berufsverbot für Personen gleichkam, die z. B. in kommunistischen Gruppen Mitglied waren -- war die Fahndung nach den RAF-TerroristInnen, die bürgerkriegsähnliche Züge annahm und zu einer Jagd auf die sog. "Sympathisanten" führte, die als "Staatsfeinde" gesehen wurden. Von 1972 bis 1976 wurden fast ein halbe Million Menschen auf ihre "Verfassungstreue" hin überprüft, 428 BewerberInnen auf Beamtenstellen wurden abgelehnt. Zahlen siehe Deutsches Historisches Museum, http://www.dhm.de/lemo/html/teilung/KontinuitaetUndWandel/NeueOstpolitik/extremistenbeschluss.html.

Sibylle Plogstedt, Vom Protest zum Widerstand. Der Tod an Ulrike, in: Courage, 0 (1976), 22f, 23.

Die Anschläge der Roten Zora/Revolutionäre Zellen richteten sich gegen Einrichtungen der Gen- und Reproduktionstechnik oder das Büro der Deutschen Lufthansa in Köln (Protest gegen Sextourismus).

Vgl. Reingard Jäkl, Mit der Ungewissheit leben. Ein Gespräch mit Sibylle Plogstedt, in: Courage, 1, 2 (1976), 13ff.

Plogstedt, Protest, wie Anm. 63, 22.

Plogstedt, Protest, wie Anm. 63, 23.

Courage, 1, 2, (1976), 47.

Aufruf an alle Frauen zur Erfindung des Glücks, in: Courage, 2, 12 (1977), 10.

Meo, Stammheim und Bonn, in: Courage, 3, 3 (1978), 52f, 52. Die Autorin Meo Hellriegel-Rentzel, berichtet im Juni 1978 sehr kritisch und aus eben dieser Mutterperspektive über P. P. Zahl, der Frau und zwei Kinder verlassen hatte und seinen Unterhaltszahlungen nicht nachkam.

Meo, Stammheim, wie Anm. 70.

"[M]ilitante, anarchafeministische Zeitschrift aus der autonomen Szene", Bernd Drücke: Zwischen Schreibtisch und Straßenschlacht? Anarchismus und libertäre Presse in Ost- und Westdeutschland, Ulm 1998, 559.

Isolde Eckle u. Ute Frank, Eine Mutter reist nach Stammheim, in: Die Schwarze Botin, 7 (1978), 22ff, 22.

Eckle/Frank, Mutter, wie Anm. 73.

Eckle/Frank, Mutter, wie Anm. 73, 23.

Die Tötung der Ulrike Meinhof, in: Die Schwarze Botin, 2 (1977), 42f. In dem Text, einer Übersetzung aus der Pariser Zeitschrift "Sorcières", wurde von einer "geradezu unmöglichen Reinheit" der Ulrike Meinhof geschwärmt. Brigitte Classen, eine der Mitherausgeberinnen der "Schwarzen Botin" besprach das Buch von Françoise D'Eaubonne "Contre-Violence ou la Résistance à l'Etat" (dt. Feminismus und Terror, München 1978). Dass D'Eaubonne von der "augenfälligen Schönheit" der attraktiven deutschen Terroristinnen schwärmte, wird als eine französische Spezialität abgetan. Brigitte Classen, Lore und die anderen, in: Die Schwarze Botin, 9 (1978), 16f.

Feminismus und Guerillakampf -- strategische Analogien, in: AUF, 18 (1978), gez. Vu Thi Lien, 46ff, 46.

Gretchen, Terrorismus, wie Anm. 37, 16.

2.400 Fälle von Gewalt gegen Frauen wurden 1977 in Österreich bei der Polizei angezeigt, ein Bruchteil der tatsächlichen Gewalt, Vergewaltigung in der Ehe war noch nicht strafbar, ein Frauenhaus gab es noch nicht. Im April 1978 fand in Wien die Gründungsversammlung eines Vereines Sozialer Dienst für gefährdete Frauen und ihre Kinder statt, mit dem Ziel ein Frauenhaus zu gründen; Erica Fischer, Frauenhaus auf Wiener Art, in: offensiv links, Juni/Juli 1978, 7f.

Gretchen, Terrorismus wie Anm. 37, 17.

Internationales Tribunal "Gewalt gegen Frauen", Brüssel, 4.-8. März 1976, Bericht eines Komiteemitglieds, in: AUF, 2, 7 (1976), 9ff. Die Verfasserin des Berichts, Erica Fischer, schrieb darüber auch im "Neuen Forum" Mai/Juni 1976 ausführlich. Ein Jahr zuvor, vom 12. 6.-2. 7. 1975, wurde im Jahr der Frau die erste UN-Frauenkonferenz in Mexiko abgehalten.

Annie Cohen, Ich träume, dass ich töte, in: AUF, 2, 7 (1976), 22f. Ebenfalls abgedruckt in: Neues Forum, 23, 269/270 (1976). Diese Doppelnummer hatte den Schwerpunkt "Frauen schlagen zurück".

Cohen, Ich träume, wie Anm. 82, 23.

Cohen, Ich träume, wie Anm. 82, 22.

Gewalt im Gefängnis -- Die politische Gefangene, in: AUF, 2, 7 (1976), 18-21.

Emma, 2 (1989), 39-46.

Published 4 May 2010
Original in German
First published by L'Homme. Z.F.G. 20, 2 (2010), 65-84

Contributed by L'Homme © Irene Bandhauer-Schöffmann / L'Homme / Eurozine

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