Meine Stadt ist so eine Stadt. (Sie gehört, genauso wie die Frauen und Männer, zum Personal meiner Romane.) Wer sie besucht, fährt am besten, wenn er nur zu Fuß geht, wenn er zu Fuß geht. Auch wir Eingeborene kennen keine bessere Möglichkeit, um mit ihr ein vertrauliches Verhältnis aufzubauen.
Nehmen Sie sich einen ganzen Tag Zeit. Meiden Sie die Tárnokutca und den Szentháromság tér im Burgviertel, dort können Sie die anderen Touristen antreffen oder falsche Bauern im Trachtenanzug. Die sind in der Schattenwirtschaft vielleicht Computertechniker. Meiden Sie alles, was nur um ihretwillen existiert – es ist nicht echt. Wenn Sie sich nach Trubel und Betriebsamkeit sehnen, fahren Sie mit der Metro bis zum Ostbahnhof und durchstreifen die Gassen rund um den Garay tér. Begeben Sie sich vormittags auf den Mátyás tér im achten Bezirk, dort sehen Sie die Stadt, wie sie den Ausländern nicht gezeigt wird. Durchwandern Sie die Fußgängerunterführungen und ergötzen Sie sich am üppigen Angebot der Straßenverkäufer, das an orientalische Basare erinnert. Marx tér (noch heißt er so), Astoria, Batthány tér. Verwahren Sie ihr Geld in ihrer verstecktesten Tasche, wenn sie keine haben, meine Dame, nähen Sie es schnell ein, auf der Innenseite ihres Kleides. Die wichtigsten Arbeitsplätze der Taschendiebe: Váci utca, Pet‘fi Sándor utca. Sie betreiben ihr Handwerk auf allerhöchstem Niveau. Hüten Sie sich vor den Leuten, die ihnen etwas anbieten. Ob es um Liebe oder Geldwechsel geht, die Ware wird nur in der Minderzahl der Fälle gediegen sein.
Besteigen sie auf der Budaer Seite der Margarethenbrücke einen Straßenbahnwagen der Linie 17 und fahren sie nach Óbuda hinaus. Steigen sie bei der Szépvölgyi út aus. Kaufen sie Obst rechter Hand auf dem kleinen Markt (zur Stunde gibt es ihn noch, doch ist er zum Tode verurteilt, nach langer Reglosigkeit verändert sich alles). Von der Lajos utca biegen Sie über die Evezö utca in die Uszály utca ein und spazieren einige Male zwischen den Gebäuden des ungarischen Bauhaus auf und ab, unter den drei Stockwerke hohen Bäumen. Gehen sie durch die Dereglye utca bis zum Donauufer. Setzen Sie sich still unter die größte hohle Weide und stellen Sie sich die Uszály utca des Jahres 1950 vor. Was heute ein Baum ist, war damals nur mannshoch, Gassenjungen, wie ich einer war, spielen bei den Garagentoren verstecken und auf der Fahrbahn Fußball. Dreimal am Tag wird “Auto!” geschrieen, bis es vorbei ist, gilt es nicht, das Spiel ist unterbrochen. Keine üble Sache, hier Straßenkind zu sein. Zurück zum Markt, dort steigen Sie in den 6-er Bus ein, so wie die Straßenbengel, wenn sie zur Schule fahren. Bei der ersten Haltestelle auf der Pester Seite steigen Sie aus und gehen nach vor bis zur Szemere utca. Sie sind müde geworden. Setzen sie sich in das Gasthaus “Kis Itália” Mein Menüvorschlag: Minestrone, Spaghetti milanese, Kopfsalat mit Roquefort, Bier, Kaffee. Für zwei Personen 590 Forint (zur Zeit), plus 10 Prozent Trinkgeld. Wenn sie das billig finden, bedenken Sie die Höhe des ungarischen Durchschnittsgehalts.
Published 15 February 2000
Original in Hungarian
Translated by
Heinrich Eisterer
First published by Magyar Lettre Internationale (Hungarian version) / Eurozine (German version)
Contributed by Magyar Lettre Internationale © Peter Lengyel / Heinrich Eisterer / Magyar Lettre Internationale / Eurozine
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