Die "Sechste Generation" des chinesischen Kinos Frühling im Untergrund
Die sechste Generation des chinesischen Kinos
Kritische Regisseure und Schauspieler aus China haben sich ein
internationales Publikum erobert. In ihrem Heimatland produzieren sie
unter schwierigen Bedingungen. Doch sie lernen, die offizielle
Kulturbürokratie zu umgehen und die Zensur zu überwinden – oder
sie drehen illegal und machen die Postproduktion im Ausland. So hat
sich eine lebendige, unabhängige Szene entwickelt, die auch als
“sechste Generation” der Pekinger Filmakademie gezählt wird. Von
ihren Vorgängern, denen sie Verklärung vorwerfen, distanzieren
sie sich mit realistischen Arbeiten über die Randfiguren der
chinesischen Gesellschaft.
Seit Anfang der Neunzigerjahre besteht die chinesische Filmbranche
aus zwei Bereichen. Das offizielle Kino landet gelegentlich einen
Kassenschlager, ist künstlerisch aber recht mittelmäßig. Das
unabhängige Kino mit seinen in China oft verbotenen Filmen wird
hingegen auf internationalen Festivals mit Preisen überschüttet.
Eine Reform von 1993 hat den staatlichen Studios auferlegt, Profite
zu machen – was die meisten nicht schafften. Zudem begannen sie, ihre
“Produktionsquoten” an private Produktionsfirmen zu verkaufen, die
dafür als Koproduzenten im Vorspann auftauchten.
Ende 2001 wurde das Reglement für die Filmindustrie dahingehend
geändert, dass unabhängige Filmemacher und Produzenten ihre
“Produktionsgenehmigungen” direkt bei der Filmbehörde beantragen
dürfen. Auf diese Weise wurde dem Monopol der offiziellen Studios
ein Ende gesetzt. Seither entwickelt sich ein neuer Filmsektor, in
dem sowohl das kommerzielle Kino als auch der Autorenfilm die
vielfältigen Facetten einer im Umbruch befindlichen Gesellschaft
erforschen. Doch noch immer liegt der Schatten der Zensur auf den
Produktionen.
Für Zhang Yuan, das einstige Enfant terrible des chinesischen
Films, war 2002 ein produktives Jahr, in dem er stattliche drei Filme
realisieren konnte. 1990 hatte er mit “Mama”, seinem ersten langen
Spielfilm, den Startschuss für die “sechste Generation” der
Pekinger Filmakademie gegeben. Um sich abzugrenzen gegen das
nostalgische China-Bild ihrer Vorgänger aus der “fünften
Generation”1 und auch in Erinnerung an die blutige Unterdrückung
der Proteste auf dem Tienanmen-Platz im Juni 1989 wollten Zhang Yuan
und seine Kommilitonen wie Wang Xiaoshuai oder He Jianjun
realistische Filme über zeitgenössische Themen drehen. Statt
jahrelang zu warten, bis ihnen die Studios, in denen die älteren
Herrschaften alle Vorrechte besitzen, die Realisierung eines Films
anvertrauen würden, beschritten diese jungen Filmemacher den Weg
der Illegalität und produzierten zum ersten Mal im sozialistischen
China im Untergrund.
Man kratzte einige zehntausend Yuan zusammen, drehte heimlich an
authentischen Orten, schmuggelte das Negativ aus China hinaus und
wickelte die Postproduktion in Holland oder in Australien ab. Viele
waren auf diese klandestine Arbeit angewiesen oder den Repressalien
der Filmbehörde ausgesetzt, etwa dem Ausschluss vom Geräteverleih
oder der erzwungenen Selbstkritik. In ihren Arbeiten erzählen sie
vom Schicksal anderer Randfiguren der Gesellschaft: Geschichten von
Arbeitslosen, Prostituierten, Homosexuellen, Künstlern,
Rockmusikern, Taschendieben, Kleinkriminellen, Kulis in den
Hafenstädten oder Bauern, die sich in den Städten in der Masse
des Lumpenproletariats verloren. Am Ende der Neunzigerjahre gab es
einen zweiten Schub junger Nachwuchsregisseure: Jia Zhangke, Liu
Bingjian, Wang Chao, Zhu Wen, Emily Tang. Was sie verbindet, ist ihr
Streben nach Realismus, ihre Tendenz, Dokumentation und Fiktion zu
vermischen, mit Laien zu arbeiten und Städte zu filmen.
Gleichzeitig fand eine Entwicklung statt, als deren treibende Kraft
vor allem Tian Zhuangzhuang, ein herausragender Vertreter der
“fünften Generation”, in Erscheinung trat. Nach der Vorführung
seines Meisterwerks “Der blaue Drache” in Rotterdam 1993 wurde er von
den chinesischen Behörden mit Drehverbot belegt. Daraufhin
gründete Tian eine kleine Produktionsfirma und spielte die Rolle
des Vermittlers zwischen dem Pekinger Studio und den Filmemachern der
sechsten Generation, denen er half, ihre ersten “anerkannten” Filme
zu realisieren: “So Close to Paradise” (1998) unter der Regie von
Wang Xiaoshuai, “Seventeen Years” (1999) von Zhang Yuan und
“Butterfly Smile” (2001) von He Jianjun.
Die Rückkehr in die Legalität bedeutet jedoch nicht, sich wieder
mit gebundenen Händen dem System der staatlichen Studios
auszuliefern. In China gibt es mittlerweile eine neue Gruppe von
Finanziers und Vertretern der Wirtschaft, die bereit sind, ins
Filmgeschäft zu investieren. Eine Schlüsselrolle spielt die 1996
gegründete Asian Union, die im Außenhandel, im Hotelgewerbe und
im Technologiesektor tätig ist. Sie produzierte und vertrieb Filme
wie “Devils on the Doorstep” (1999) von Jiang Wen, “Tiger & Dragon”
(1999) von Ang Lee, “Keep Cool” (1999) von Zhang Yimou und “Der
Kaiser und sein Attentäter” (2000). Daraufhin begann sie die
Zusammenarbeit mit Zhang Yuan und finanzierte “I Love You” (2002).
Das Drehbuch dazu basiert auf einem Roman des populären Pekinger
Autors Wang Shuo2, dessen Titel auf Englisch etwa “Get a Kick and
Die” heißen würde. Der Film ergründet eine folie à deux, in
die sich eine junge Krankenschwester aus schwierigen
Familienverhältnissen und ein junger Mann verstricken. Sie führt
in eine überstürzte Ehe, der Honeymoon wird zur Hölle, die
Lebenswelt des Paares immer enger. Zhang arbeitet mit Großaufnahmen
und langen Einstellungen, seine Kamera verfolgt die Choreografie der
sich abstoßenden, sich meidenden, sich umarmenden Körper, sie
erforscht die Gesichter, als ob sie ihnen die verborgenen Gefühle
unter der Haut hervorzerren könnte. Die Schauspieler improvisieren
und erreichen manchmal Augenblicke nackter Wahrheit, die Zhang so
filmt, als handele es sich um eine Dokumentation.
Ganz anderer Mittel bedient sich Zhang Yuan in dem ebenfalls 2002
entstandenen Film “Jiang Jie”. Hier spielt er mit Täuschungen,
Stilisierungen und Codes. Im Juni letzten Jahres hatte das Kölner
Schauspielhaus den Regisseur eingeladen, eine Pekingoper von 1964 zu
inszenieren, die den Heldenmut einer 1949 von den Kuomintang
hingerichteten jungen Kommunistin glorifiziert. Nach China
zurückgekehrt, drehte Zhang eine Filmversion davon. Da er aber seit
der Kindheit ein Liebhaber der revolutionären Oper war, lehnte er
es ab, eine Bearbeitung von “Jiang Jie” zu versuchen. Er wollte weder
eine “kritische Lesart” noch eine Parodie der Oper liefern; er
respektierte ihre Theatralität. Wenn darin ein Junge Wasser
ausgießt, mimt er das Vorhandensein der Flüssigkeit. Und als
Jiang Jie den Kopf ihres Ehemanns vor den Toren der Stadt zur Schau
gestellt sieht, richtet sich ihr Blick auf die “vierte Wand”, den
Platz des Zuschauers: Es gibt keinen Gegenschnitt. Der Tod der Heldin
kündigt sich durch eine aufgehende rote Sonne im Hintergrund an.
Aber Zhang besetzte die Jiang Jie mit einer jungen, auf männliche
Rollen spezialisierten Sängerin, Zhang Huoding, die der Figur einen
Hauch eleganter sexueller Ambiguität verleiht und die
revolutionäre Oper mit der Tradition der klassischen Pekingoper
verbindet – einer Kunstform, die während der Kulturrevolution
verfolgt wurde und gegenwärtig eine Renaissance erlebt.
Der dritte Film, “Green Tea”, der im selben Jahr unter Zhang Yuans
Regie entstand und ebenfalls von Asian Union produziert wurde, ist
eine zeitgenössische Liebesgeschichte. Man erkennt die Handschrift
des begnadeten Kameramanns Christopher Doyle, der durch seine
Arbeiten mit Wong Kar-wai, Chen Kaige, Stanley Kwan oder Edward Yang
berühmt wurde. Keine Spur mehr von den “schmutzigen”, etwas
zittrigen Bildern aus den Anfängen der “sechsten Generation”, keine
Spur auch von Laienschauspiel. Die Hauptrolle ist mit einem
verwundeten Riesen, einem Medienstar besetzt: Jiang Wen, der
kürzlich in einem Artikel der Time Asia als “chinesischer Marlon
Brando” bezeichnet wurde. Genau wie Zhang 1963 geboren, war Jiang Wen
durch die Darstellung des sinnlichen, ausschweifenden und
leidenschaftlichen Liebhabers von Gong Li in Zhang Yimous “Rotes
Kornfeld” (1987) der internationale Durchbruch gelungen.
Mit “In the Heat of the Sun” ging er 1994 erfolgreich zur Regie
über. Sein zweiter Film, “Devils on the Doorstep”, erhielt 2000 in
Cannes den Großen Preis der Jury, missfiel aber der chinesischen
Zensur. Ohne irgendeine Erklärung von offizieller Seite wurde Jiang
verboten, sich als Filmemacher zu betätigen oder als Darsteller
aufzutreten. Nach und nach wurde der zweite Teil dieser “Strafe”
wieder aufgehoben, so dass er letztes Jahr in fünf Filmen auftreten
konnte. Aber Jiang wartet voller Ungeduld darauf, wieder Regie
führen zu dürfen, während die Presse ihm mit einer gewissen
Doppelzüngigkeit idealisierende Verehrung entgegenbringt und
ideologische Verfehlungen vorwirft.
Auch Chinas Finanziers entdecken das Filmgeschäft
In “Missing Gun” stellt er mit großer Intensität einen schroffen,
machistischen Polizeibeamten dar, der sein ganzes Leben in Frage
gestellt sieht, als er eines Abends im Suff seine Dienstpistole
verliert. Für den jungen Regisseur Lu Chuan war die Zusammenarbeit
mit Jiang Wen bei seinem Erstlingsfilm ein Volltreffer, denn das
Charisma dieses Schauspielers sicherte den kommerziellen Erfolg des
Films in China und scheint ihm eine internationale Karriere zu
versprechen. Im Herbst 2001 von Columbia Asia gekauft, wurde “Missing
Gun” auf dem Festival von Venedig gezeigt. Ein eindrucksvoller Film
mit Schwung und Rhythmus, der aber vor allem vom Wunsch des
Regisseurs zeugt, effektvolles Kino im amerikanischen Stil zu machen.
Der gleiche Wunsch spricht aus “Spring Subway” (2002), einem Film,
den das städtische Publikum begeistert aufgenommen hat. Regisseur
Zhang Yibai kommt aus der Produktion von Videoclips und vom
Fernsehen, während sich Drehbuchautor Liu Fendou mit “anerkannten”
kommerziellen Filmen einen Namen gemacht hat: “Spicy Love Soup”
(1998) und “Shower” (2000), unter der Regie von Zhang Yang (nicht zu
verwechseln mit Zhang Yuan) und produziert von Imar, einer in Peking
niedergelassenen US-Gesellschaft.
“Spring Subway” erzählt nicht ohne Charme Zufallsbegegnungen und
sentimentale Verirrungen der Pekinger U-Bahn-Benutzer. Die beiden
Hauptpersonen sind eingefleischte Stadtbewohner, obwohl sie erst vor
sieben Jahren vom Land gekommen sind. Der Film zeigt die
Modernisierung als geradlinige Errungenschaft – ungebrochen, ohne
dass irgendjemand aus der Bahn geworfen wird, ohne die wachsende
Ungleichheit, ohne den sich verschärfenden Gegensatz zwischen Stadt
und Land.
Es wäre schlechter Stil, den Machern von “Spring Subway” ihre
unkritische Haltung vorzuwerfen – wenn sie nicht Bestandteil der
ganzen Produktionssystems wäre. Der Abspann liefert eine Liste der
Sponsoren, die durch Produkte oder Dienstleistungen zu den
Dreharbeiten beigetragen haben: Kaffeemarken – heute Symbol des
gehobenen urbanen Lebensgefühls -, schicke Möbel, Kosmetikartikel
und angesagte ausländische Restaurants.
Als Gegenstück dazu handelt der erstaunliche Film “Chicken Poets”
von denen, die auf der Strecke geblieben sind, von der dumpfen Angst,
die mit dem gesellschaftlichen Wandel einhergeht. Der bekannte
Theatermann Meng Jinghui hat für seinen ersten Film
Avantgardetechniken eingeführt, mit deren Hilfe er die geistige und
affektive Zerrüttung seiner Protagonisten sinnfällig macht:
Collagen starker Bilder, Übergänge vom Realismus zur Evokation
einer bizarren oder surrealen Welt, übertriebene oder
unwahrscheinliche Situationen, schwarzer Humor. Yu Fei, ein
verkannter Dichter, kommt in ein kleines Dorf nahe Peking, wo ein
früherer Kommilitone jetzt schwarze Hühner züchtet. Dort
verliebt er sich in ein farbenblindes Mädchen. Die Entdeckung einer
geheimnisvollen CD-ROM verhilft Yu Fei zu einem flüchtigen
literarischen Ruhm, ehe er schließlich die letzten Illusionen
über sich verliert.
Jetzt blühen die Untergrundproduktionen, unterstützt durch ein
Vertriebsnetz des Zweiten Umlaufs – eine regelrechte Protestbewegung,
als deren Sprecher der bekannte Regisseur Jia Zhangke gilt. Gemeinsam
mit Yu Likwai, der ihm seit “Pickpocket” (1998) als Kameramann dient,
und dem Produktionsleiter Chow Keung hat er eine kleine
Produktionsfirma gegründet, die von Hongkong aus operiert. Sie
hilft, nach Finanzpartnern im Ausland zu suchen und jungen
Filmemachern in verschiedenen Stadien der Realisierung ihrer Projekte
zu helfen.3 Und: Mit Sitz in Hongkong können die Auflagen der
staatlichen Filmbehörde umgangen werden.
Auch Sheng Zhimin, der im Jahr 2000 Jia Zhangkes “Platform”
koproduziert hatte, ist jetzt mit einem eigenen Film herausgekommen,
“Two Hearts”, der einen melancholischen Blick auf das Leben von zwei
jungen Frauen in Peking wirft. Die eine belügt ihre Familie, indem
sie ein Studium in Kanada vortäuscht, während sie sich in
Wirklichkeit um die Liebe ihres Exfreunds bemüht, der nichts mehr
von ihr wissen will. Die andere, vom Land in die Stadt gezogen,
findet sich in einer hoffnungslosen Lage wieder: Fast ohne Geld lebt
sie in einem winzigen Zimmer und arbeitet für einen
Telefonsexdienst.
Offener tritt die Gewalt der Großstadt in “Beijing Suburb” zutage,
einem Streifen von Hu Ze. Bewaffnet mit einer 16mm-Kamera fordert er
die Bewohner einer Künstlerkommune auf, ihre eigenen Rollen zu
spielen. Die dargestellten Situationen lassen das Ausmaß der
Marginalisierung ahnen, unter der die unabhängigen Künstler
leiden und die manche in den Alkoholismus, den Wahnsinn oder in den
Selbstmord treibt. Sie zeigen die schamlose Ausbeutung durch
ausländische Sammler oder eine neue Klasse von Profitjägern, die
Verfolgung durch eine korrupte Polizei, die ihre
Aufenthaltsgenehmigungen überprüft, Ausstellungen boykottiert,
Performance-Künstler ins Gefängnis wirft und foltert, um sie dann
gegen Geld oder sexuelle Dienste wieder freizulassen.
Auch die Homosexuellen werden in China immer noch ausgegrenzt. Im
Dezember 2001 hat Cui Zi’en, ein Professor der Pekinger Filmakademie
– dem die meisten Kurse entzogen worden sind -, ein Festival mit
Schwulenfilmen organisiert, das auf höchste Weisung nach dem ersten
Wochenende abgebrochen werden musste. Obwohl die staatliche
Gesundheitsbehörde erst ein paar Monate zuvor erklärt hatte,
Homosexualität sei nicht mehr als Geisteskrankheit einzustufen,
bleibt das Tabu bestehen und die Repressalien dauern unvermindert an.
Selbst in Untergrundkreisen wagen sich nur ausgewiesene Heteros an
das Thema heran. Dazu gehört etwa Zhang Yuan mit “East Palace, West
Palace” (1997); der Titel zitiert die von Pekinger Schwulen so
bezeichneten öffentlichen Toiletten am Ost- und Westende des Parks
um den alten Kaiserpalast. Liu Bingjian filmte “Men and Women” (1999)
unter Mitwirkung von Cui Zi’en, der das Drehbuch geschrieben hat und
eine der Hauptrollen spielt. Und die junge Dokumentarfilmerin Li Yu
realisierte mit “Fish and Elephant” (2001) den ersten großen
Lesbenfilm, einen von Amateuren gespielten 16mm-Streifen, der in
China verboten ist, aber auf mehr als siebzig Festivals lief.
Cui Zi’en selbst bricht das Tabu mit zwei experimentellen
Spielfilmen, die er mit digitaler Videokamera gedreht hat: “Enter the
Clowns” (2001) und “The Old Testament” (2002). Da er so
experimentierfreudig filmt wie Andy Warhol und sich allen Regeln der
Dramaturgie widersetzt, wird er sicher keinen Anschluss an den
Mainstream finden.
Aber die junge Generation der “kommerziellen” Filmemacher wird die
brutale Marginalisierung nicht mehr am eigenen Leib erfahren. Auch
die Opfer früherer Zeiten kehren aus dem Abseits zurück. Die
Zensurbehörde lässt es sogar zu, dass Tian Zhuangzhuang wieder
Regie führen darf. Sein “Springtime in a Small Town”, ein Remake
des gleichnamigen Klassikers von Fei Mu aus dem Jahr 1949, erhielt in
Venedig den San-Marco-Preis für den besten Film der Reihe “Kino der
Gegenwart”.
Das Original wurde oft als subtile Metapher der Ohnmacht der
chinesischen Intellektuellen interpretiert: Eine junge Frau, ihr
kranker Ehemann und ihr früherer Geliebter unterdrücken ihre
Gefühle in einem zerfallenen Haus. “Die Situation der
Intellektuellen hat sich in diesen fünfzig Jahren kaum
verändert”, sagt Tian mit einem melancholischen Lächeln.
Zur "fünften Generation", den Absolventen der Pekinger
Filmakademie, die ihr Diplom 1978 abgeschlossen haben, gehören
unter anderen Chen Kaige, Zhang Yimou, Tian Zhuangzhuang, Zhou
Xiaowen, Ning Ying, Peng Xiaolian und Li Shaohong.
In seiner Heimat gilt Wang Shuo als einer der populärsten
zeitgenössischen Romanciers, der die volkstümlichen und
zwielichtigen Milieus des "inoffiziellen" China beschreibt. Auf
Deutsch erschienen sind die Titel "Oberchaoten" und "Herzklopfen
heißt das Spiel", beide Zürich (Diogenes) 1997.
Siehe dazu das Interview, das Jean-Michel Fredon nach der
Projektion von "Unknown Pleasures" beim Festival in Cannes mit dem
Regisseur Jia Zhangke geführt hat (Le Monde, 25. Mai 2002).
Published 7 March 2003
Original in French
Translated by
Grete Osterwald
Contributed by Le monde diplomatique © Le monde diplomatique Eurozine
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