Auf StudiVZ machen Studenten neben ihrem Stundenplan nicht nur die Fotos der letzten Party, sondern auch ihre sexuellen Vorlieben publik. In der Online-Gemeinschaft für Geschäftskontakte, Xing, veröffentlichen Mitglieder ihre Arbeitgeber und ihren kompletten Lebenslauf. Die Videoplattform YouTube wirbt mit dem Slogan “Broadcast yourself”, und Millionen von Heimvideos wurden bereits auf der Seite veröffentlicht.
Kurzum: Im Internet geben immer mehr Nutzer – zumeist freiwillig – ihre letzte Intimität preis. Dabei sind die privaten Daten des Einzelnen mittlerweile zu einer profitablen Währung im World Wide Web geworden. Zwar werden zahlreiche Online-Dienste als kostenlose Angebote beworben – gratis sind sie deshalb allerdings noch lange nicht.
Längst sind die Internetnutzer mehr als nur Konsumenten; ihre privaten Daten selbst werden zur wichtigsten Ressource einer sich neu orientierenden Werbeindustrie. Über die weitergegebenen Informationen verlieren die Nutzer nicht nur vollständig die Kontrolle; vielmehr werden die Bürgerinnen und Bürger regelrecht ihrer Privatsphäre enteignet.
Googles heilige Dreieinigkeit
Insbesondere die Angebote von Suchmaschinen erwecken den Eindruck, ihre Dienste stünden den Nutzern ohne Gegenleistung zur Verfügung. Dabei vollzieht sich mit jeder Suchanfrage ein Tauschhandel: Der Nutzer erteilt, will er eine Antwort auf seine Anfrage erhalten, gleichsam – bewusst oder unbewusst – Auskunft über seine eigene Person.
Diese privaten Informationen wecken Begehrlichkeiten. Doch nicht nur staatliche Sicherheitsbehörden entwickeln derzeit eine beachtliche Sammelwut. Auch für den Daten-Multi Google, dessen Börsenwert gegenwärtig über 200 Mrd. US-Dollar beträgt, sind die persönlichen Informationen der Nutzer sprichwörtlich Gold wert, will er seine marktbeherrschende Position im Suchund Anzeigengeschäft ausbauen.
Der Vorstandsvorsitzende Eric Schmidt beschreibt die Geschäftsstrategie des Unternehmens zutreffend als die “heilige Dreieinigkeit aus Suche, Anzeigen und Programmen”. Diese Liaison von Geschäftsfeldern ist in erster Linie dafür verantwortlich, dass der Konzern heute weit in die Privatsphäre der Internetnutzer eindringt.
Die zentrale Rolle spielt dabei das Anzeigengeschäft. Online-Werbung weist gegenüber der herkömmlichen Reklame den strategischen Vorteil auf, dass sie sich individuell steuern lässt, etwa nach Alter, Geschlecht oder persönlichen Interessen der Nutzer. Nur wer sich für Lippenstifte interessieren könnte, soll auch entsprechende Anzeigen neben seinen Suchergebnissen präsentiert bekommen. Damit diese Form der Werbung tatsächlich funktioniert, brauchen die Werbenden allerdings möglichst genaue Informationen über die Besucher einer Website. Je lückenloser die Datengrundlage, desto lukrativer für Google. Daten aber gibt es im Netz überreichlich – und Google ist es längst gelungen, diese Ressourcen anzuzapfen. Tag für Tag erhält allein Googles Suchmaschine mehr als eine Milliarde Suchanfragen.
Wie aber garantiert das Unternehmen, dass diese ungeheuren Datenmengen nicht missbraucht werden? Getreu dem betriebsinternen Slogan “Don’t be evil” versichert der Konzern, dass die gespeicherten Nutzerdaten keinesfalls “für die Identifizierung einzelner Personen verwendet” würden. Als Beleg für die eigene Vertrauenswürdigkeit verweist Google auf die hauseigene Suchtechnologie. Diese bestimme die Rangfolge der Suchergebnisse mit Hilfe mathematischer Berechnungen (Algorithmen) nach angeblich ausschließlich objektiven Kriterien. Auch Anzeigenkunden könnten, so Google, keinen Einfluss auf die Suchresultate nehmen.
Was jedoch in diesem Kontext “objektiv” bedeutet, bleibt nebulös. Laut Eigenwerbung stellt das sogenannte PageRank (benannt nach seinem Erfinder Larry Page) eine unbestechliche Suchgrundlage mit den meisten Ergebnissen unter allen Suchanbietern dar. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch, welche Resultate zuerst aufgeführt werden und welche erst weit hinten oder gar nicht erscheinen. Deshalb, behaupten Kritiker zu Recht, trifft auch Google sehr wohl redaktionelle Entscheidungen, selbst dann, wenn es nur einen – vermeintlich neutralen – Suchalgorithmus festlegt.
Da Google seine Algorithmen zudem nicht verrät, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, aus welchen Gründen bestimmte Suchergebnisse bevorzugt werden. Nach welchen Kriterien sortiert Google beispielsweise die Ergebnisse, wenn man “Irakkrieg” in das Suchfeld eingibt – bevorzugt es die Website des Weißen Hauses oder den viel gelesenen Blog eines Friedensaktivisten? Welche Ergebnisse werden ausgegeben, wenn man nach “Digitalkamera” sucht – ein kostengünstiges Produktangebot oder der kritisch-redaktionelle Beitrag einer Verbraucherzeitschrift? Diese Fragen ließen sich nur dann beantworten, wenn Google die Funktionsweise seiner Suchmaschine offen legte. Nur ein transparenter Suchalgorithmus würde das eingeforderte Vertrauen rechtfertigen. Doch was hinter dem Suchfeld passiert, bleibt das bestgehütete Unternehmensgeheimnis.
Über welche Möglichkeiten Google bei der Selektion von Suchergebnissen tatsächlich verfügt, zeigte der Fall der “Großen Chinesischen Firewall”, als die chinesischen Behörden vorübergehend den Dienst Google News blockierten, mit dem sich Nachrichtenquellen durchsuchen lassen. Nachdem eine Einigung mit der chinesischen Regierung erzielt worden war, stellte Google den Nutzern regierungskritische Nachrichten nicht länger zur Verfügung. Nur kurz danach investierte das Internet-Unternehmen mit Billigung der Pekinger Regierung in Badu, die zweitgrößte Suchmaschine des aufstrebenden Riesenreiches. Offenbar wollte sich Google als Global Player das Wohlwollen der chinesischen Regierung erkaufen – und dies durch die Beteiligung an Zensurmaßnahmen. Der Konzern war damit vor den Forderungen der chinesischen Regierung eingeknickt und hatte – so die einhellige Meinung der Kritiker – erkennbar gegen sein Firmenmotto verstoßen.
Der gläserne Mensch
An seine Kundendaten gelangt Google heute längst nicht nur über die Suchhistorie der Internetnutzer. Vielmehr setzt das Unternehmen unterschiedliche Mittel ein, um kontinuierlich und möglichst lückenlos Besucherprofile erstellen zu können. So gab Google Mitte 2007 bekannt, dass es über sein AdSense- Programm auch auf externen Seiten Informationen über deren Besucher sammelt. Jeder Nutzer erhält eine eindeutige Nutzernummer, eine User-ID, sobald er eine Webseite besucht, auf der über Google geschaltete Anzeigen gezeigt werden. Ohne dass der Internetnutzer also gezielt die Google-Website besucht haben muss, wird neben der Uhrzeit der Bannereinblendung und der Banner-ID ebenfalls seine IP-Nummer gespeichert.
Um noch mehr Informationen über die Surfgewohnheiten der Internetnutzer zu erhalten, plant Google, den Anbieter von Online-Werbung DoubleClick für rund 3,1 Mrd. US-Dollar zu übernehmen. Damit würde der Konzern nicht nur das Online-Werbegeschäft nahezu monopolisieren, sondern könnte seine personenbezogenen Nutzerprofile ergänzen, indem zwei bestehende, komplementäre Datenbanken ohne Zustimmung der Betroffenen zusammengefügt würden. Scharf kritisiert daher Thilo Weichert, der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte, die Übernahme. Sie stünde “im Widerspruch zu grundlegenden Datenschutzprinzipien der Europäischen Union: Zweckbindung, Transparenz, Widerspruchsrecht, Schutz sensibler Daten und das Recht auf Datenlöschung”.
Wie problematisch eine solche Konzentration von Nutzerdaten sein kann, belegt der internationale Vergleich. Nicht nur in China, sondern auch in vielen anderen Staaten kooperieren die Suchanbieter längst mit den Strafverfolgungsbehörden. So erhalten Geheimdienste in den Vereinigten Staaten ungehinderten Zugriff auf die wachsenden Datenberge der Internet- und Telekommunikationsfirmen. Aufgrund der Überwachungs- und Sicherheitsgesetze des Patriot Act können Behörden private und kommerziell betriebene Datenbanken für ihre Ermittlungszwecke nutzen – ohne dass dafür ein Durchsuchungsbefehl vorliegen muss. Eine Rechenschaftspflicht gegenüber den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern besteht nicht. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Ermittlungsbehörden auch hierzulande im Zuge “präventiver Gefahrenabwehr” Einblick in Googles “Datenbank der Absichten” verlangen werden.
Schnüffeldienste
Beschränkt auf Suchdienst und Anzeigengeschäft bliebe die Informationsdichte der Daten begrenzt. Doch mit Hilfe weiterer “Dienste” gelingt es Google, wertvolle Informationen wie Alter, Geschlecht oder Kaufgewohnheiten des Internetnutzers zu erhalten.
Der WebAccelerator soll für die Nutzer die Geschwindigkeit der Internetverbindung erhöhen, indem sämtliche angeforderten Websites von ihren Servern geladen bzw. über diese umgeleitet werden. Auf diese Weise zeichnet Google nicht nur die Suchgeschichte der Nutzer auf, sondern scannt alle Informationen, die von dem Nutzer über das Internet angefordert werden. Der Konzern erhält damit einen tiefen Einblick in die Kommunikationsdaten der Nutzer.
Das Anwendungsprogramm Google Desktop erfasst für den Nutzer den gesamten Inhalt des eigenen Computers. Das kostenlose Programm durchsucht – gewissermaßen als Suchmaschine für den Heimrechner – akribisch die Festplatten des lokalen PCs, indiziert besuchte Websites aus der Web-Historie, die komplette E-Mail-Kommunikation, Chats sowie Word-, Excel, PowerPoint und alle Textdateien. Google bietet auch hier an, dass die so geschaffenen Indizes auf den hauseigenen Servern gespeichert werden können – und erhält somit Einblick in den gesamten Inhalt der Festplatte einschließlich sämtlicher Kommunikationsdaten. (Bezeichnenderweise verfolgt die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble geforderte Einführung des “Bundestrojaners” ein ganz ähnliches Ziel.)
Erst als Google seinen E-Mail-Dienst Gmail einführte, kam es zu ablehnenden Reaktionen zahlreicher Nutzerinnen und Nutzer. Das Unternehmen hatte freimütig bekannt, sämtliche Nachrichten beim Eintreffen auf den Google- Servern automatisch nach bestimmten Begriffen zu scannen. Auf diese Weise soll neben dem Posteingang gleich die dazu passende Werbung eingeblendet werden. Die Proteste unter den Nutzern fielen überraschend heftig aus; Google aber rechtfertigte sein Vorgehen damit, dass kein Mensch die E-Mails jemals zu lesen bekäme.
Dabei ist eine Personalisierung der hinterlegten Daten jederzeit möglich, da der E-Mail-Dienst aufgrund der Registrierungs- und Kommunikationsdaten in der Regel auch die Identität des Nutzers kennt. Und selbst für den Fall, dass die registrierten Nutzer in dieses Vorgehen einwilligen – die Absender der auf Google-Accounts eingehenden E-Mails haben ihre Zustimmung zur Speicherung und Verwendung ihrer Daten jedenfalls nicht erteilt. So erhält Google auch hier die Möglichkeit, personalisierte Profile von Nutzern zu erstellen, die gar nicht unmittelbar auf seinen E-Mail-Service zurückgreifen.
Möglicherweise verletzt Google damit sogar das bundesrepublikanische Fernmeldegeheimnis. Darin ist geregelt, dass neben Telefonaten und Faxen auch E-Mails als strikt vertraulich gelten. Nicht ohne Grund riet eine Google- Sprecherin bei der Einführung von Google Desktop von der Installation des Überwachungsdienstes auf öffentlich genutzten Computern ab.
Da der Widerstand gegen diese Praktiken bislang – trotz gelegentlicher Kritik – insgesamt gering ausfällt, dürfte Google mittlerweile nicht nur über die größte Datenbank an Nutzerinformationen weltweit verfügen. Vielmehr spricht vieles dafür, dass der Konzern heute über mehr Wissen über die Bürgerinnen und Bürger verfügt als irgendeine Institutionen zuvor in der Menschheitsgeschichte.
Gesundheit, soziale Netzwerke und mobiles Internet
Auf dem Suchmaschinen- und Anzeigenmarkt hat Google so den Status erreicht, den Microsoft Windows im Betriebssystem-Sektor innehat. Eine öffentliche und politische Kontrolle des Suchgiganten ist angesichts dieser Macht längst überfällig. Von einer Einhegung seiner Geschäftstätigkeiten kann jedoch keine Rede sei, im Gegenteil: Auch in Zukunft wird das Unternehmen unvermindert die Daten seiner Nutzer sammeln – und zwar durch gezielte Investitionen in strategische Wachstumsmärkte.
Derzeit sorgt sich Google angeblich um die Gesundheit der Internetnutzer. Seit Microsoft im Oktober 2007 den Start seines Dienstes HealthVault verkündete und erste US-amerikanische Krankenhäuser diesen Service bereits einsetzen, hat auch Google ein gesteigertes Interesse an den persönlichen Krankendaten seiner Kundinnen und Kunden. Nach ersten Presseangaben hat es bereits einen Prototypen für seine Online-Plattform entwickelt, der persönliche Daten zur medizinischen Versorgung des Patienten bereit hält. Die Daten könnten beispielsweise als mobile Krankenakte den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzung des Service wird voraussichtlich kostenlos sein, da dieser wiederum über personalisierte Werbung finanziert wird. Nutzer, die ihren bei Google hinterlegten Krankendaten zufolge einen hohen Blutdruck haben, werden also aller Voraussicht nach Werbung eingeblendet bekommen, die entsprechende medizinische Produkte anpreist.
Zusätzlich kündigte Google jüngst an, sich verstärkt in sozialen Netzwerken engagieren zu wollen. StudiVZ, LinkedIn, MySpace, Xing und viele andere laden den Nutzer ein, seine persönlichen Daten, Vorlieben und Interessen in ein Profil einzugeben, um mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. Nicht erst seitdem der Konkurrent Microsoft mit seiner Beteiligung an der “Social Networking Site” Facebook deren Marktwert auf sagenhafte 15 Mrd. US-Dollar hochschnellen ließ, ist der wirtschaftliche Wert der “sozialen Communities” erkannt worden. Das deutschsprachige Netzwerk StudiVZ verzeichnete beispielweise allein im Oktober 2007 knapp 4,5 Mrd. Seitenaufrufe – und damit mehr als spiegel.de, bild.de und t-online.de zusammen.
Bislang sind die sozialen Netzwerke und ihre Mitglieder voneinander getrennt und verfügen in der Regel nicht über Schnittstellen. Dem soll die von Google ins Leben gerufene Kooperation “OpenSocial” Abhilfe schaffen. Indem künftig Programmierschnittstellen problemlos den Datenaustausch zwischen den teilnehmenden Communities ermöglichen, werden die noch vorhandenen virtuellen Mauern zwischen den unterschiedlichen Angeboten endgültig fallen. Sollte dieses Vorhaben erfolgreich sein – und alles spricht dafür –, entstünde ein Pool von bereits heute mehr als 200 Millionen Nutzern, respektive 200 Millionen Datensätzen privater Profilinformationen – alles unter dem Schirm von Google. Auf diese Weise erhielte das Unternehmen die Möglichkeit, auf Millionen von potentiellen Konsumenten zuzugreifen. Google muss heute also längst nicht mehr warten, bis die Nutzer ihre Daten in ein Google-Suchformular eingeben. Stattdessen kann das Unternehmen auf diese Weise millionenfach die privaten Daten der User abgreifen.
In jüngster Zeit hat das sogenannte mobile Internet das besondere Interesse von Google geweckt. Lange schon wurde erwartet, dass der Konzern auf den Mobilfunkmarkt drängt. Vor kurzem gab man nun bekannt, das offene Betriebssystem Android für mobile Endgeräte, insbesondere Handys, entwickeln zu wollen. Das System soll Telekommunikationsunternehmen zur Verfügung gestellt werden, damit diese es – selbstredend kostenfrei – auf ihren Mobiltelefonen einsetzen können.
Dieses Betriebssystem ermöglicht es, vorinstallierte Google-Dienstleistungen zu jeder Zeit an jedem Ort zu nutzen. Damit wären alle Dienste des Unternehmens auf dem Mobiltelefon abrufbar, um sie auch unterwegs und nicht nur an einem PC oder einem Notebook bequem nutzen zu können. Mit Hilfe von GoogleMaps, dem Google-Kartendienst, kann der Nutzer dann auch lokalisiert werden, damit er passgenau Routen planen sowie Restaurantempfehlungen oder örtliche Waren- und Dienstleistungsanbieter abfragen kann. Die Absicht ist klar erkennbar: Die Suchfunktion wird auf diese Weise vom Computer unabhängig gemacht, um dem Nutzer in Echtzeit Produktinformationen, Werbeeinblendungen oder auch preisgünstige Angebote unterbreiten zu können.
Google total?
Vermutlich werden wir uns damit abfinden müssen, dass Konzerne in den persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger längst nicht mehr deren Privateigentum sehen, sondern diese immer mehr zur Ware machen. Was einst, in der analogen Vergangenheit, mit dem Verkauf von zielgruppenspezifischen Kontaktadressen begann, hat nun über Paybacksysteme seinen Weg in den milliardenschweren Online-Werbemarkt gefunden. Die Aussage von Internetunternehmen, dass “der Schutz persönlicher Daten unserer Mitglieder […] das höchste Gut unserer Community” ist, kann man vor diesem Hintergrund getrost und im wahrsten Sinne des Wortes für “bare Münze” nehmen.
Bislang scheinen die meisten Internetnutzer jedoch noch nicht erkannt zu haben bzw. es nicht für wichtig genug zu erachten, dass erst ihr leichtfertiger Umgang den Handel mit den wertvollen privaten Daten ermöglicht. Dabei liegt es in der Hand eines jeden, nicht nur äußerst geizig mit persönlichen Informationen umzugehen, sondern – wo möglich und sinnvoll – keine oder falsche Angaben einzutragen.
Um Googles Expansionswut und seinem Sammeleifer tatsächlich Einhalt zu gebieten, ist allerdings mehr vonnöten. Nur mit politischen Mitteln lässt sich die Macht des Konzerns wirksam einschränken – so wie die EU derzeit auch massiv gegen die Geschäftspraktiken des Computerriesen Microsoft vorgeht. Das Ziel bei Google sollte darin bestehen, die enge Verbindung der unterschiedlichen Geschäftsfelder zu kappen, sprich: wenigstens den Suchdienst vom Anzeigengeschäft zu trennen, um die Vernetzung aller Daten nach Möglichkeit zu unterbinden.
Wie sehr die Zeit drängt, unterstreicht die jüngste Entwicklung. 2006 hat Google ein Patent angemeldet, das die Bezahlung von Waren per Mobiltelefon betrifft. Der Dienst mit dem voraussichtlichen Namen Gpay ermöglicht es dem Nutzer, eine SMS als Rechnungsbeleg zu nutzen. Dieser Dienst könnte als Alternative zur Kreditkarte eingesetzt werden. Anhand der Suchanfragen und der getätigten Einkäufe erfährt Google dann binnen kürzester Zeit alles Wissenswerte über eine Person: Name, Alter, Vorlieben, Aufenthaltsorte, Einkommensverhältnisse, Berufstätigkeit, Familienstand, das Alter der Kinder, das Lieblingsessen, aber auch sexuelle Vorlieben, Schuldenstand, Krankheiten, religiöse Zugehörigkeit usw. usf. Der gläserne Mensch, bisher bloß Vision des allmächtigen Überwachungsstaats und Schreckbild seiner Bürgerinnen und Bürger, wäre damit – ganz privat und ohne großes Aufsehen – endgültig Wirklichkeit geworden.